Das Selbstbestimmungsrecht von Patienten ist zu achten. Es gibt aber Grenzen ärztlichen Handelns, die sich aus unserem beruflichen Selbstverständnis ergeben. Es macht eben einen Unterschied, ob ein Angehöriger Beihilfe zur Selbsttötung leistet oder ein Arzt, der dem Patienten nicht nahesteht. Ich fürchte auch, dass eine schleichende Legalisierung des ärztlich begleiteten Suizids, wie sie im Urteil des BGH zum Ausdruck kommt, sehr problematische Signale in die Gesellschaft sendet. Wer alt und krank ist, darf nicht auf den Gedanken kommen, er würde anderen zur Last fallen, um dann den vermeintlichen Ausweg Suizid zu wählen. Das wäre eine verheerende Entwicklung.
Ich glaube auch, dass es Ärzten nahezu unmöglich ist, richtig einzuschätzen, ob der Sterbewunsch eines Patienten endgültig ist. Ärztinnen und Ärzte sind gefordert, Menschen Wege aufzeigen, wie ein Weiterleben gelingen kann, wie Schmerzen besser kontrolliert werden können, wie mehr gesellschaftliche Teilhabe wieder erfahren werden kann. Ich erwarte von ärztlichen Kollegen, dass sie nicht einfach den Sterbewunsch als gegeben hinnehmen und lediglich prüfen, ob er aus freien Stücken erfolgt. Ich erwarte, dass Ärzte Auswege aus der seelischen Not aufzeigen, die sich häufig hinter einem Sterbewunsch verbirgt.
Beistand und Fürsorge statt Hilfe zur Selbsttötung
Pressemitteilung
Statement von Rudolf Henke, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes, zum Urteil des Bundesgerichtshofs
03.Juli
2019
Entscheidung des BGH zum ärztlich assistierten Suizid (Urteile vom 3. Juli 2019 - 5 StR 132/18 und 5 StR 393/18) /Bildquelle: iStock-djedzura