• Slowakische Regierung droht Ärzten mit Arbeitspflicht und Gefängnis

    Pressemitteilung
    Marburger Bund zutiefst besorgt über Situation der Ärzteschaft in der Slowakei
    13.Dezember 2024
    Der Marburger Bund fordert die slowakische Regierung in ihrer Auseinandersetzung mit der Ärzteschaft auf, grundlegende Errungenschaften des europäischen Arbeitsrechts und der Grundrechtecharta nicht außer Kraft zu setzen. „Der Umgang der slowakischen Regierung mit angestellten Ärztinnen und Ärzten erinnert an die autoritäre Gängelung von Berufs- und Bevölkerungsgruppen, wie wir sie auf rechtsstaatlichem Boden nicht kennen. Das im Herzen Europas zu erleben, ist zutiefst besorgniserregend“, erklärte Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes. Die politisch Verantwortlichen in der Europäische Union ruft die Ärztegewerkschaft zur Unterstützung der slowakischen Ärzte in ihrem Kampf für Arbeitnehmerrechte und ein humanes Gesundheitswesen auf.
    Frau Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes
    Frau Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes

    Kürzlich hat die slowakische Regierung im Eilverfahren ein Gesetz verabschiedet, mit dem sie Ärzte im Falle eines medizinischen Notstands zur Arbeit zwingen kann. Andernfalls droht Ärzten eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr. Der Gesetzesbeschluss ist der bisherige Höhepunkt einer anhaltenden massiven Konfrontation zwischen der slowakischen Regierung und der Ärztegewerkschaft LOZ unter ihrem Vorsitzenden Peter Visolajsky über die Ausrichtung des slowakischen Gesundheitssystems und damit verbundener Arbeitnehmerrechte und Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern. Im Jahr 2022 hatte die Vorgängerregierung mit der Ärztegewerkschaft ein gemeinsames Memorandum verabschiedet, das unter anderem die auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser, eine geänderte Ärzteausbildung und moderate Lohnsteigerungen für Ärzte und Krankenschwestern vorsieht.

    Ende September hat die seit 2023 amtierende populistische Regierung Fico das Abkommen aufgehoben und gleichzeitig erklärt, die staatlichen Krankenhäuser in der Slowakei in Aktiengesellschaften umwandeln zu wollen. Schon heute gibt es in der Slowakei eine starke Monopolbildung im Gesundheitswesen durch die Konzentration zahlreicher Krankenhäuser, Polikliniken, Apotheken, Pharmahersteller und der zweitgrößten Versicherung des Landes unter dem Dach der slowakischen Investment-Gruppe Penta. Durch die radikalen Pläne der Regierung würde die Konzentration durch Penta weiter deutlich verstärkt, prognostiziert LOZ.  

    Die slowakische Ärztegewerkschaft bekräftigte zuletzt ihre Forderung nach einer besseren Ausstattung der Krankenhäuser, der Einstellung von zusätzlichem Personal, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, Lohnsteigerungen von acht bis 9,5 Prozent und einen Privatisierungsstopp für staatliche Kliniken. Da die Regierung zu keinerlei Gesprächs- und Kompromissbereitschaft zu bewegen war, sah sich die Gewerkschaft Ende Oktober gezwungen, die angestellten Ärztinnen und Ärzte zu Massenkündigungen aufzurufen. 3.300 von ihnen sind nach Angaben von LOZ ihrem Aufruf gefolgt und haben ihre Stellen gekündigt – mehr als die Hälfte der slowakischen Ärzte in Krankenhäusern. Angesichts einer zweimonatigen Kündigungsfrist wird es in der ärztlichen Versorgung ab dem 1. Januar in der Slowakei zu erheblichen Engpässen in der Gesundheitsversorgung kommen.