
Das Gesundheitswesen ist dem Klischee nach mit seinen vielen Akteuren und Lobbyisten wie ein Dschungel. Doch wer ist da eigentlich zuhause? Wir stellen dir einige der kleineren und größeren „Bewohner“ in diesem Dschungel am besten einmal kurz vor.
Die grundsätzlichen Spielregeln für das Zusammenleben bestimmt das BUNDESMINISTERIUM FÜR GESUNDHEIT. Es erarbeitet die Gesetzentwürfe der Bundesregierung und führt die Rechtsaufsicht über die Verbände und Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung.
Der BUNDESTAG ist als Parlament für Bundesgesetzgebung und Kontrolle der Regierungsarbeit zuständig. Demgegenüber ist der BUNDESRAT die Vertretung der 16 Bundesländer und hat bei Bundesgesetzen ein Mitentscheidungsrecht, wenn Länderinteressen betroffen sind.
Ein besonderes Merkmal des deutschen Gesundheitswesens ist die Delegation bestimmter staatlicher Aufgaben im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung auf die sogenannte gemeinsame SELBSTVERWALTUNG. Die Träger der Selbstverwaltung sind finanziell und organisatorisch selbstständig. Die Vertreter der Versicherten und Arbeitgeber in den Selbstverwaltungsorganen können so ihre Belange autonom und sachorientiert selbst regeln. Auf Bundesebene sind dies der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft.
Der GKV-SPITZENVERBAND ist die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen und gestaltet durch seine Verträge und Entscheidungen insbesondere die Rahmenbedingungen der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung.
Die 17 KASSENÄRZTLICHEN VEREINIGUNGEN sind für die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zuständig, daneben aber auch Abrechnungs- und Honorarverteilungsstelle für die teilnehmenden Leistungserbringer. Ihr Dachverband ist die KASSENÄRZTLICHE BUNDESVEREINIGUNG (KBV). Diese sieht ihre Aufgabe vor allem in der politischen Interessenvertretung.
Die DEUTSCHE KRANKENHAUSGESELLSCHAFT (DKG) ist der Zusammenschluss von Spitzen- und Landesverbänden der Krankenhausträger, für deren Interessen sie sich einsetzt.
Besonders wichtig ist der GEMEINSAME BUNDESAUSSCHUSS (G-BA) als oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen. Er wird von den vier großen Spitzenorganisationen gebildet: KBV und KZBV, DKG und GKV-Spitzenverband. Hauptaufgabe des G-BA ist es, den Leistungskatalog für alle gesetzlich Versicherten in Richtlinien näher zu bestimmen, weswegen man ihn auch den „kleinen Gesetzgeber“ nennt.
Ein weiteres Spezifikum des deutschen Gesundheitswesens ist das Nebeneinander von Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung. Letztere steht Selbstständigen und Arbeitnehmern mit einem Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze offen.
Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung und berufspolitische Interessenvertretung der rund 569.000 bei ihr im Jahr 2023 gemeldeten Ärztinnen und Ärzte in Deutschland ist die BUNDESÄRZTEKAMMER. Als Arbeitsgemeinschaft der 17 Landesärztekammern ist es eine ihrer Hauptaufgaben, für eine möglichst einheitliche Regelung der ärztlichen Berufspflichten zu sorgen (Muster-Berufsordnung, Muster-Weiterbildungsordnung usw.).
Die Aufgaben der LANDESÄRZTEKAMMERN als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind durch die Heilberufe- und Kammergesetze der Bundesländer geregelt, z. B. Aufsicht über die ärztlichen Pflichtmitglieder, Förderung von Ausbildung und Fortbildung sowie Ordnung der Berufspflichten und der Weiterbildung.
Wer etwas bewegen will, sollte sich im MARBURGER BUND engagieren. Als Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte ist der MB auf allen Ebenen der ärztlichen Selbstverwaltung aktiv und eine starke Stimme in der Gesundheitspolitik.
Institution für Institution im Detail / Serie
Im aktuellen Uni-Spezial:
Teil 3: Die Ärztekammern
Jeder approbierte Arzt ist unabhängig von der Art seiner Tätigkeit – ob kurativ oder nicht, ermächtigt, angestellt oder selbstständig niedergelassen – Pflichtmitglied seiner für ihn örtlich zuständigen Kammer. Sie ist für ihn zunächst die wichtigste Berufsorganisation und Standesvertretung.
Insgesamt gibt es in Deutschland 17 Landesärztekammern in Form von Körperschaften öffentlichen Rechts, die der Rechtsaufsicht des zuständigen Sozial- und/oder Gesundheitsministeriums unterliegen. Ihr „Dachverband“, die Bundesärztekammer, ist die Arbeitsgemeinschaft der Landesärztekammern und Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung. Sie besitzt jedoch keinen Körperschaftsstatus, sondern ist als nicht rechtsfähiger Verein organisiert und vertritt in erster Linie die berufspolitischen Interessen der derzeit rund 569.000 Ärzte – davon rund 429.000 Berufstätige – auch in laufenden Gesetzgebungsverfahren sowie auf europäischer Ebene. Daneben unterstützt sie die Tätigkeiten der (Landes-)Ärztekammern und erarbeitet Empfehlungen in Form einer Muster-Weiterbildungsordnung und einer Muster-Berufsordnung.
Deren Regelungen werden meist fast unverändert in die rechtsverbindlichen Berufsordnungen der Landesärztekammern übernommen. Die jährliche Hauptversammlung aller Kammern ist der Deutsche Ärztetag.
Die Aufgaben der Ärztekammern haben im Laufe der Zeit zugenommen. Dies hängt zum einen mit der gestiegenen absoluten Zahl approbierter Ärztinnen und Ärzte zusammen, zum anderen aber auch mit der Spezialisierung des Arztberufs und der Zuwanderung von Ärztinnen und Ärzten mit ausländischen Abschlüssen. Seit der Zeit, in der viele Krankenhäuser nur belegärztlich versorgt wurden und es nur wenige „hauptamtliche“ Klinikärzte gab, sodass die Ärztekammern primär als Vertretung der Niedergelassenen angesehen wurden, hat sich viel geändert.
Mittlerweile geht der Trend stationär wie ambulant eindeutig zum Angestelltenverhältnis mit zahlenmäßigem Übergewicht gegenüber den selbstständig tätigen Ärztinnen und Ärzten in eigener Niederlassung: Rund 282.000 gegen über 108.000. Die Zahl der im ambulanten Bereich angestellten Ärztinnen und Ärzte stieg im Jahr 2023 auf rund 60.000. Seit 2018 ist bei dieser Gruppe ein Zuwachs von 51 Prozent zu verzeichnen, also ein klarer Trend. Dagegen ist die Zahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im vergangenen Jahr weiter auf 108.200 gesunken. Dies entspricht einem Minus von 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr; die Gesamtzahl hat sich seit 2018 um fast acht Prozent verringert.
Zahlreiche Gesundheitsreformgesetze haben die sektoralen Grenzen aufgeweicht, sodass es eine steigende Zahl von Ärzten gibt, die sowohl ambulant als auch stationär arbeitet. Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen. Mittlerweile arbeiteten nach dieser Ärztestatistik der Bundesärztekammer Ende 2023 zudem 64.000 ausländische Ärzte in Deutschland – mit steigender Tendenz. Auch der Frauenanteil nimmt stetig zu.
Diesen Herausforderungen müssen die Ärztekammern gerecht werden. Ihre durch Gesetz zugewiesenen Kernaufgaben sind neben der allgemeinen Vertretung der Berufsinteressen, der Entwicklung von Berufs- und Weiterbildungsordnungen und der Überwachung der Berufsausübung der Ärzte einschließlich der Durchführung berufsrechtlicher Verfahren sowie der Fortbildungsförderung auch die Abnahme von Facharzt- und anderen Prüfungen, die Organisation des Melde- und Beitragswesens für alle Mitglieder, das Führen einer Ärztestatistik sowie die Sicherstellung eines Notfalldienstes und die Erstattung von Fachgutachten.
Dieser bunte Aufgabenstrauß wird ergänzt durch die Errichtung von Ethikkommissionen sowie von Gutachter- und Schlichtungsstellen zur Klärung von Behandlungsfehlern und das Errichten von Versorgungswerken als berufsständische Einrichtungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Nicht zuletzt müssen die Ärztekammern auch die An- erkennungsverfahren für im Ausland erworbene Facharztweiterbildungen durchführen, auf eine ausreichende ärztliche Versorgung der Bevölkerung hinwirken sowie den öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen.«
Teil 2: Bundesrat, Bundestag und Selbstverwaltung
Im vorigen Teil dieser Serie haben wir die Aufgaben des Bundesgesundheitsministeriums erklärt, in dem die meisten sogenannten Referentenentwürfe für Gesetze im Gesundheitswesen entstehen. Aber auch der Bundesrat, eine Bundestagsfraktion oder mindestens fünf Prozent der Abgeordneten können Gesetze initiieren, die dann im Bundestag verhandelt und beschlossen werden.
Bundestag
Neben der Kontrolle der Regierungsarbeit ist die wichtigste Aufgabe des Bundestages die Gesetzgebung. Sie folgt einem streng formalisierten Verfahren, dessen Kernstücke drei Lesungen im Plenum des Parlaments sowie die Detailarbeit am Gesetz in den ständigen Ausschüssen sind. Wichtig zu wissen ist, dass jedes Mitglied des Parlaments noch Änderungsanträge stellen kann, die dann im Plenum direkt behandelt werden. So nimmt ein Gesetzesvorhaben manchmal überraschende Wendungen.
Berufsverbände können an verschiedenen Stellen des Verfahrens entweder als Interessenvertretung und/oder Experte zu dem Gesetzesvorhaben Stellung nehmen und gehört werden. Der Marburger Bund positioniert sich daher zu fast allen Gesetzentwürfen, von denen seine Mitglieder betroffen sind – nicht nur im Gesundheitsbereich!
Am Ende der dritten Lesung erfolgt die Schlussabstimmung. Erhält der Gesetzentwurf dabei die notwendige Mehrheit im Bundestag, geht er in den Bundesrat.
Bundesrat
Der Bundesrat ist ein weiteres der fünf Verfassungsorgane. Durch ihn wirken die Länder an der Verwaltung und Gesetzgebung des Bundes mit. Er kann ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz zwar nicht ändern, aber den Vermittlungsausschuss anrufen, der hälftig mit Mitgliedern des Bundestages und Bundesrates besetzt ist und einen Konsens finden soll. Einigt man sich nicht, muss das Gesetz erneut im Bundestag beschlossen werden. Bei manchen Gesetzen, von denen die Länder in ihrer Verwaltungs- oder Finanzierungszuständigkeit unmittelbar betroffen sind, muss der Bundesrat zustimmen. Ein solches zustimmungspflichtiges Gesetz ist etwa das Hochschulrahmengesetz des Bundes, das in seinen §§ 31 ff. das Zulassungs- und Auswahlverfahren beispielsweise für das Medizinstudium regelt.
Alle im Bundestag beschlossenen Gesetze müssen von der Bundeskanzlerin sowie der/dem zuständigen Fachminister/-in gegengezeichnet werden. Bevor der Bundespräsident als Letzter in der Reihe das Gesetz unterschreibt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, prüft er, ob es verfassungsgemäß zustande gekommen ist und nicht inhaltlich offenkundig gegen das Grundgesetz verstößt. Dann ist das Gesetz verkündet. Ist kein besonderes Datum des Inkrafttretens im Gesetz genannt, gilt es automatisch ab dem 14. Tag nach der Ausgabe des Bundesgesetzblattes..
Selbstverwaltung
Die Selbstverwaltung ist das tragende Organisationsprinzip in der Gesetzlichen Krankenversicherung und bedeutet, dass sich die Träger des Gesundheitswesens sowie die Versicherten und die Arbeitgeber selbst organisieren, um das Gesundheitssystem zu steuern und – auch durch eine eigene „Gesetzgebung“ – mitzugestalten. Der Staat soll nach diesem Prinzip nur dann eingreifen, wenn die sogenannten Selbstverwaltungskörperschaften nicht in der Lage sind, originär staatliche Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen. Man erhofft sich von der Selbstverwaltung eine größere fachliche Nähe zu den Themen und eine demokratische Beteiligung der Betroffenen an der Regelung ihrer Angelegenheiten. Bei den Trägern beziehungsweise Leistungserbringern des Gesundheitswesens wie den Krankenkassen, den Ärzten oder den Krankenhäusern spricht man von der gemeinsamen Selbstverwaltung. Oberstes Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). In dem Gremium wird die medizinische Versorgung zum Beispiel über Verträge, Richtlinien und einheitliche Vorgaben organisiert.
Teil 1: Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Das BMG ist eine sogenannte oberste Bundesbehörde und in der Gesundheitspolitik für eine Vielzahl von Aufgabenfeldern verantwortlich. Der Schwerpunkt der Ministeriumsarbeit liegt in der Gestaltung von Gesetzentwürfen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften.
Bundesminister für Gesundheit im Kabinett von Olaf Scholz ist seit Dezember 2021 Prof. Karl Lauterbach, studierter Mediziner, Gesundheitsökonom und Universitätsprofessor. Er hatte von seinem Vorgänger Jens Spahn insbesondere die Themen der Corona-Pandemie im Infektionsschutzrecht übernommen und sich nachfolgend um andere Themen wie Entbürokratisierung, Gesundheitsdatennutzung und Cannabislegalisierung gekümmert. Aktuell sollen die Krankenhaus- und Notfallreform folgen.
Zentrale Zuständigkeitsbereiche des Bundesgesundheitsministeriums sind beispielsweise:
- Erhalt, Sicherung und Fortentwicklung der Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung;
- Reform des Gesundheitssystems zur Weiterentwicklung der Qualität, Stärkung der Patienteninteressen, Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit und Stabilisierung der Beitragssätze;
- Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin
- Gestaltung von Rahmenvorschriften im Arzneimittel- und Medizinproduktebereich;
- Unterstützung von Forschung und neuen Versorgungsstrukturen;
- Gesundheitsberichterstattung zur Information der Bürger (z. B. zu Drogen- und Suchtgefahren);
- Europäische und internationale Gesundheitspolitik.
Für (angehende) Ärztinnen und Ärzte ist es sehr wichtig zu wissen, dass zu den Aufgaben des BMG auch die „Gewährleistung der Qualität der Berufsausübung“ in den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehört. Zu diesen Berufen gehören neben den Medizinern beispielsweise auch Apotheker, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Krankenpfleger und einige Assistenzberufe.
Im BMG entstehen die Berufsgesetze für die Zulassung und Ausbildung (t1p.de/bmg-ges).
Im Bereich der Humanmedizin ist dies die Ärztliche Approbationsordnung (ÄApprO), deren Novellierung während der Corona-Pandemie ins Stocken geraten war. Die Bundesregierung und die Länder wollen das Studium kompetenzbasiert und praxisorientiert ausgestalten sowie über verschiedene Maßnahmen erreichen, dass sich wieder mehr angehende Ärztinnen und Ärzte nach dem Studium für eine Weiterbildung in der Allgemeinmedizin entscheiden und in unterversorgten Gebieten tätig werden.
Die Approbationsordnung kommt nicht in einem „förmlichen“ Gesetzgebungsverfahren mit Verabschiedung durch den Bundestag zustande. Sie ist eine Verordnung, in der das BMG nur mit Zustimmung der Länder, also des Bundesrates, die Mindestanforderungen an das Medizinstudium regelt. Insofern ist das BMG für die Belange der Studierenden besonders wichtig! Leider ist das Projekt Novellierung der ÄApprO aufgrund fehlenden Konsenses zwischen Bund und Ländern zur Finanzierung immer noch nicht zum Abschluss gebracht worden.
Weitere gesetzliche Regelungen im Zuständigkeitsbereich des BMG, die Mediziner unmittelbar betreffen, sind beispielsweise die Bundesärzteordnung, die Heilberufe-Richtlinie und alle vertragsarztrechtlichen Vorschriften. Mittelbar werden ärztliche Interessen noch durch eine Vielzahl anderer vom BMG erarbeiteter Normen berührt.
Um im politischen Prozess mitgestalten zu können, ist es entscheidend, sich schon einzubringen, bevor Gesetze entstehen. Das kann man auf Bundesebene beispielsweise „hautnah“ als Mitglied des Sprecherrats der Medizinstudierenden über Anträge zur Hauptversammlung des MB, Mitarbeit an den Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen, Teilnahme an Anhörungen, Gespräche mit Abgeordneten und vieles mehr.
Nähere Auskunft dazu geben gerne die Mitglieder des Sprecherrates. Meldet euch einfach unter studenten@marburger-bund.de!
Zur Autorin
Stefanie Gehrlein,
Justiziarin im MB-Bundesverband