Die zentrale Grundannahme des Entwurfs, „durch eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit nach dem Mehrheitsprinzip wird die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie gesichert“, ist falsch. Das Gegenteil ist richtig: Durch den gesetzlichen Zwang zur Tarifeinheit wird die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nachhaltig und unumkehrbar gestört. Es würde ein Rechtsrahmen geschaffen, der tariffähigen Gewerkschaften das Recht zur autonomen Tarifvertragsgestaltung nimmt. Auch wenn sich im Gesetzestext dazu keine explizite Aussage findet, ist die Einschränkung des Streikrechts doch die direkte Konsequenz einer verordneten Tarifeinheit nach dem betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip. Ein Arbeitskampf darf sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts immer nur auf die Durchsetzung eines tariflich regelbaren Ziels richten, also den Abschluss eines Tarifvertrages. Wenn der Tarifvertrag der Berufsgewerkschaft nicht mehr wirksam werden kann, weil das Tarifdiktat der Mehrheitsgewerkschaft gilt, ist die Berufsgewerkschaft zum Stillhalten gezwungen. Ein Aufruf zu Arbeitskampfmaßnahmen wäre dann unverhältnismäßig und würde von den Arbeitsgerichten als rechtswidrig eingestuft.
- Vollständiger Text der Stellungnahme des Marburger Bundes(298.9 KB, PDF)