• Eine starke Stimme für Ärztinnen und Ärzte

    75 Jahre Marburger Bund Hamburg
    20.November 2023
    Hamburg
    Seit 75 Jahren vertritt der Marburger Bund die Interessen der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte in Hamburg.

    Gegründet wurde der Landesverband ein Jahr, nachdem sich junge Ärztinnen und Ärzte unter dem Druck unzumutbarer Arbeitsverhältnisse erstmals in Marburg zusammengetan hatten, um sich gegen diese zu wehren. Denn nach dem Krieg gab es im Land zu viele Ärztinnen und Ärzte, wodurch ein Großteil entweder nur teilweise bezahlt wurde oder sogar ganz ohne Gehalt arbeiten musste.

    Von begrenztem Einfluss zur eigenständigen Verhandlungsmacht

    Bereits in den 50er Jahren begann der Marburger Bund, die Interessen seiner Mitglieder in Tarifverhandlungen zu vertreten. Anfangs arbeitete er noch mit der DAG zusammen, jedoch mit begrenztem Einfluss. Nach gescheiterten Verhandlungen kam es 1971 bundesweit zu den ersten Ärztestreiks. Auch in Hamburg gingen Ärztinnen und Ärzte auf die Straße, um für bessere Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern zu demonstrieren. Ihr Protest stieß in der Öffentlichkeit auf große Sympathie.

    Seit 2005 führt der Marburger Bund als Deutschlands einzige Ärztegewerkschaft eigenständige Verhandlungen mit Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden. In Hamburg ist die Tarifsituation besonders komplex, da es einige ortsspezifische Sonderregelungen gibt, die vom Marburger Bund Hamburg direkt verhandelt werden.

    Die Gewerkschaft behält sich das Recht vor, bei stockenden oder gescheiterten Verhandlungen den Arbeitskampf als letztes Mittel einzusetzen. So haben Ärztinnen und Ärzte insbesondere auch in den Jahren 2005, 2019 und dieses Jahr erneut gestreikt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Dadurch konnten Erfolge wie der Abschluss eines arztspezifischen Tarifvertrags und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie eine bessere Vergütung für die Ärzteschaft erzielt werden.

    Prägende Persönlichkeiten des MB Hamburg

    Allerdings ist Tarifpolitik nur die eine Seite der Medaille; die andere Seite ist die Standespolitik. Prof. Dr. Günter Haenisch, ehemaliger Vorsitzender des Marburger Bundes in Hamburg von 1954 bis 1959, engagierte sich mit seinem Arbeitskreis "Reform des Krankenhauswesens" bundesweit für Strukturverbesserungen. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Aufteilung überdimensionierter Krankenhausabteilungen.

    Der Marburger Bund hatte über Jahrzehnte hinweg einen maßgeblichen Einfluss auf die ärztliche Selbstverwaltung und Gesundheitspolitik in Hamburg. Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery prägte als 1. Vorsitzender des MB Hamburg ganze 33 Jahre lang die Entwicklung des Landesverbands und wirkte davon 28 Jahre lang als Präsident der Ärztekammer Hamburg.

    In der "Ära Monti" erlebte das Hamburger Gesundheitswesen große Umbrüche. Im Jahr 1995 wurden die sechs städtischen Hamburger Krankenhäuser zum Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg (LBK) zusammengeschlossen. Dies legte den Grundstein für ihre spätere schrittweise Privatisierung – trotz eines gegenteiligen Volksentscheids – und führte letztendlich im Jahr 2007 zur Umbenennung in Asklepios Kliniken GmbH.

    Auch die im Jahr 2003 eingeführte Klinikvergütungsreform nach Fallpauschalen wurde vom Marburger Bund deutlich kritisiert. Man befürchtete (zu Recht), dass dies zu einer Überlastung des Klinikpersonals und einer Verschlechterung der Patientenversorgung führen würde.

    In diesen Jahren zeichneten sich zwei weitere Trends innerhalb der Ärzteschaft deutlich ab: Die Anzahl der angestellt tätigen Ärztinnen und Ärzte stieg kontinuierlich im Vergleich zu den Niedergelassenen an und die Ärzteschaft wurde zunehmend weiblicher. Engagierte Mitglieder des Landesvorstands wie Dr. Angelika Kossmann machten auf die Herausforderungen aufmerksam, mit denen Ärztinnen konfrontiert sind, und setzten sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit ein.

    Im Jahr 2018 übernahm Dr. Pedram Emami, seit 2016 1. Vorsitzender des Marburger Bundes Hamburg, das Amt des Präsidenten der Ärztekammer Hamburg. Mit Entschlossenheit vertritt er die Interessen der Ärzteschaft in der Gesundheitspolitik, aktuell u. a. im Hinblick auf die geplante Krankenhausreform. Dabei lässt er nicht nach, auf die Gefahren der zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitswesens für das Patientenwohl hinzuweisen. Gleichzeitig treibt der Marburger Bund Hamburg unter Emamis Führung wichtige Themen wie Digitalisierung, Verbesserung der Qualität in der Weiterbildung, Antidiskriminierung sowie Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen voran.

    Die Zukunft der Ärzteschaft im Fokus

    Im Laufe der Jahre konnte der Marburger Bund Hamburg ein stetiges Mitgliederwachstum verzeichnen. Zu dieser Entwicklung trägt auch die wachsende Anzahl angestellt tätiger Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich bei. Gleichzeitig führen auch die weiterhin herausfordernden Arbeitsbedingungen vieler Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern und MVZ dazu, dass beispielsweise der Bedarf an Rechtsberatung beständig zunimmt. Um noch besser auf die individuellen Bedürfnisse seiner Mitglieder einzugehen, hat die Geschäftsstelle des Marburger Bund Hamburg in den letzten Jahren ihr Personal aufgestockt.

    Der Marburger Bund Hamburg setzt auch verstärkt auf die Einbindung von Medizinstudierenden und den Dialog mit ihnen. Schließlich sind sie die Ärztinnen und Ärzte von morgen. Seit Jahren fordert der Marburger Bund Hamburg von der Politik, angesichts des drohenden Ärztemangels endlich zu handeln. Daher ist es umso wichtiger, dass Medizinstudierende eine starke Stimme erhalten und alles dafür getan wird, um sicherzustellen, dass sich junge Menschen auch in Zukunft für den Arztberuf entscheiden.

    Seit der Gründung vor 75 Jahren hat sich viel verändert: Fachkräftemangel, Digitalisierung und Ökonomisierung sind mittlerweile entscheidende Faktoren für die weitere Entwicklung der Ärzteschaft. Am 23. November blickt der Marburger Bund Hamburg auf seiner Jubiläumsveranstaltung gemeinsam mit seinen Mitgliedern und Freunden auf bewegte Jahre zurück – und stellt sich den großen Fragen der Zukunft.