„Idealerweise beschäftigt man sich schon während des Medizinstudiums und des PJ mit der Wahl des Fachgebiets für die Weiterbildung“, sagt Katharina von der Heyde, Geschäftsführerin des MB Hamburg. „Persönliche Interessen und Neigungen sind dabei wichtige Ansatzpunkte.“ Darüber hinaus ist es immer sinnvoll, sich mit der Weiterbildungsordnung der jeweiligen Landesärztekammer vertraut zu machen, die die Mindestweiterbildungszeiten und Anforderungen regelt. Je nach Fachgebiet ist mit mehr oder weniger regelmäßigen Arbeitszeiten zu rechnen. So sind im Bereich der Gynäkologie und Geburtshilfe beispielsweise mehr Nacht- und Wochenenddienste zu erwarten als in der Augenheilkunde.
Dr. Annika Hättich, Oberärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie am UKE, empfiehlt sich bei der Wahl des Fachgebiets nicht zu sehr unter Druck zu setzen: „Wenn man merkt, dass einem das ursprünglich gewählte Fachgebiet doch nicht zusagt, kann auch ein Wechsel ratsam sein. Und in den meisten Fällen wird bei einem Wechsel innerhalb der ersten 12 Monate die Zeit im neuen Fachgebiet auch angerechnet.“
Der passende Arbeitgeber
Bei der Wahl des Arbeitgebers bzw. der Weiterbildungsstätte sollte man berücksichtigen, dass nicht alle Fachgebiete in allen Krankenhäusern gleichermaßen vorhanden sind. Während jedes Krankenhaus über eine Abteilung für Innere Medizin verfügt, kommen beispielsweise für Kinder- und Jugendchirurgie deutlich weniger Krankenhäuser in Frage.
Außerdem gibt es öffentliche, private, freigemeinnützige (kirchliche) Träger von Krankenhäusern sowie Universitätskliniken. Die Marburger Bund Landesverbände haben einen guten Überblick über ihre jeweiligen Besonderheiten und Arbeitsbedingungen. „Vorab prüfen sollte man auch, ob bei dem Arbeitgeber in dem gewünschten Fachgebiet eine ausreichende Weiterbildungsbefugnis vorliegt“, betont von der Heyde. „Nur dann wird die Weiterbildungszeit auch als solche angerechnet.“
Jedes Bewerbungsgespräch bietet die Möglichkeit, den potenziellen Arbeitgeber kennenzulernen. Bei einer Hospitation erhält man noch einen tieferen Einblick in den Arbeitsalltag und kommt zudem mit den Beschäftigten vor Ort leichter ins Gespräch. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch alle Frage stellen, die tätigkeitsbezogen sind. Erkundigungen nach einer bestehenden Schwangerschaft oder Familienplanung sind hingegen tabu – und müssen nicht wahrheitsgetreu beantwortet werden.
Arbeitsvertrag vor Unterzeichnung prüfen
Es ist immer sinnvoll, einen Arbeitsvertrag vor Unterzeichnung prüfen zu lassen. „Der Marburger Bund ist darauf spezialisiert, Arbeitsverträge zu prüfen – Mitglieder können dieses Angebot kostenfrei in Anspruch nehmen“, erläutert Anna Katharina Laas, Verbandsjuristin beim MB Hamburg. „Auf keinen Fall sollte man sich dazu drängen lassen, vor Ort den Vertrag zu unterzeichnen. Dies spricht nicht für die Seriosität des Arbeitgebers.“
Der Arbeitsvertrag besteht individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Darüber hinaus gibt es noch den Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaft, der sich auf eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen auswirkt und viele Regelungen enthält. Während Arbeitsverträge bei tarifgebundenen Arbeitgebern oft kurz sind, sind sie bei Arbeitgebern ohne Tarifbindung (z.B. MVZ) deutlich umfangreicher. Hier ist mehr Vorsicht – zum Beispiel in Bezug auf Vergütung, Überstunden und Versicherungsschutz – geboten. „Unabhängig von der Tarifbindung sollte im Arbeitsvertrag die Weiterbildung erwähnt sein, damit man – sollte die Weiterbildung stagnieren – gegebenenfalls einen Anspruch darauf geltend machen kann“, betont Laas.
Durch die Unterzeichnung einer sogenannten Opt-out-Regelung stimmen Ärztinnen und Ärzte längeren Höchstarbeitszeiten zu. „Die 72 Monate, die man für die meisten Facharztweiterbildungen hat, sind erstaunlich kurz“, berichtet Dr. Hättich aus dem Berufsalltag. „Man möchte unglaublich viel lernen und da kann es durchaus sinnvoll sein, wenn man beispielsweise bei einer OP auch länger bleiben darf.“ Es gibt auch Ärztinnen und Ärzte, die solch hohe durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeiten nicht leisten möchten. Daher ist es gut zu wissen, dass die Erklärung jederzeit mit einer Frist von 6 Monaten widerrufen werden kann.
Ein gelungener Einstieg
Je nach geleisteten Arbeitszeiten und Dienstformen variieren die Gehälter von Ärztinnen und Ärzten von Monat zu Monat. Deshalb ist es sinnvoll, die Arbeitszeiten genau zu dokumentieren (z.B. mit Hilfe der MB-EchtZeit-App) und das Entgelt zu überprüfen. „Fällige Ansprüche muss man innerhalb von sechs Monaten geltend machen – sonst verfallen sie“, erklärt Laas.
Dr. Hättich empfiehlt, als approbierte Ärztin oder Arzt mit Offenheit und Lernbereitschaft in den neuen Job einzusteigen. „Man weiß und schafft nicht alles von Tag 1 an, auch wenn man jetzt die Verantwortung trägt“, sagt sie. „Es ist kein Makel, wenn man sich bei Fragen an erfahrene Kolleginnen und Kollegen wendet und Hilfsangebote annimmt.“
Für eine individuelle Beratung zum Berufseinstieg können sich Mitglieder an ihren jeweiligen Landesverband wenden.