„Die Zeit des ärztlichen und pflegerischen Personals ist gerade jetzt zu kostbar, um sie mit unnötigen Verwaltungsballast zu überfrachten. Deshalb sollten in der Corona-Krise nicht nur Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung bis auf weiteres ausgesetzt werden. Auch sonstige Verwaltungsaufgaben wie Datenerfassung und Dokumentation müssen auf ein absolut notwendiges Minimum beschränkt bleiben, um möglichst viele der vorhandenen Kapazitäten auf die direkte Patientenversorgung konzentrieren zu können. Wir brauchen die Zusicherung der Politik und der Krankenkassen, dass die notwendige Reduzierung des Dokumentationsaufwandes im Interesse der Patienten keine finanziellen Nachteile für die Krankenhäuser mit sich bringt“, fordert Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes.
Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes
Das Personal in den Krankenhäusern habe alle Hände voll zu tun, um sich auf eine steigende Anzahl von Covid-19-Patienten vorzubereiten. Die für das Fallpauschalensystem erforderliche Dokumentation sei schon im Normalbetrieb ein bürokratisches Ärgernis, das viel Zeit koste, die in der Patientenversorgung gebraucht werde. „In der jetzigen Lage muss die fallpauschalenbedingte Bürokratie drastisch zurückgefahren werden, ebenso wie die Erfassung großer Datenmengen für verschiedene Verfahren der externen Qualitätsmessung. Nur so können wir die vorhandenen, vielfach knappen personellen Ressourcen optimal einsetzen“, sagte Johna.
Die MB-Vorsitzende erneuerte ihren Appell an die Krankenhäuser, nicht-akute Operationen zu verschieben, soweit dies verantwortlich sei. „Die Krankenhäuser haben die Zusicherung der Bundesregierung und des GKV-Spitzenverbandes erhalten, dass sie auf den Mehrausgaben nicht sitzen bleiben werden. Auf diesen Schutzschirm vertrauen wir. Deshalb gibt es keinen Grund, nach wie vor eindeutig elektive Eingriffe vorzunehmen, die Personal und Kapazitäten binden, die zur Vorbereitung auf die intensivmedizinische Versorgung von Covid-19-Patienten gebraucht werden. Überall dort, wo Schulungen des gesamten Personals noch nicht stattgefunden haben, muss das spätestens jetzt erfolgen“, so Johna.
Der Verzicht auf verschiebbare Operationen eröffne auch Kapazitäten an den Rehabilitationskliniken, wo üblicherweise die Anschlussheilbehandlung der Patienten stattfinde. „Die Rehakliniken und eventuell auch psychosomatische Kliniken sind aufgrund ihrer personellen und gerätetechnischen Ausstattung gut als Backup geeignet. Deshalb sollten bei den Überlegungen zur Ausweitung von Kapazitäten diese Kliniken besonders berücksichtigt werden. Auch die Reaktivierung kürzlich stillgelegter Krankenhausstandorte bietet Chancen zur Versorgung bei einer Überlastung der Akutkliniken“, erklärte die MB-Vorsitzende.