Sie waren bereits die letzten fünf Jahre im Aufsichtsrat des UKGM.
Wie muss man sich die Arbeit im Aufsichtsrat vorstellen?
Prof. Dr. Dr. Reginald Matejec: Seit fünf Jahren bin ich Mitglied im Aufsichtsrat und habe dort extrem viel über die Strukturen der deutschen Krankenhauslandschaft gelernt – auch über Probleme der Universitätsmedizin in Deutschland und natürlich über Probleme, die speziell das UKGM betreffen. Die Arbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht, weshalb ich mich auch noch einmal für diesen Posten bewerbe.
Warum kandidieren Sie wieder?
Es sind noch viele Dinge zu tun, die sich verbessern müssen und die ich angehen will. Mir sind familiengerechte Arbeitsbedingungen sehr wichtig und wir müssen auch dringend mehr Anreize für Personal schaffen, bei uns zu arbeiten. Das betrifft hier sowohl den ärztlichen als auch den pflegerischen Bereich. Eine Menge Stellen sind derzeit unbesetzt. Das muss sich unbedingt ändern. Des Weiteren bin ich auch ein Vertreter der 40-Stundenwoche, derzeit sind es 42 Stunden/Woche am UKGM. Da gibt es in Zukunft noch viel zu tun.
Was konnten Sie bereits erreichen?
Es hat eine Einsicht bei der Geschäftsführung beim Thema Nachhaltigkeit beim Personalmanagement eingesetzt. Ich merke, dass mehr darüber nachgedacht wird, wie wir Mitarbeiter gewinnen können. Zurzeit verlieren wir viele Pflegekräfte – leider so viele, dass Stationen vorübergehend geschlossen werden mussten. So wird in jeder Aufsichtsratssitzung gezeigt, dass der Personalschlüssel zwar zunimmt, aber für drei neue Vollzeitkräfte die Arbeit für fünf neue Vollzeitkräfte hinzukommen – es ist also eine Schere, die auseinander divergiert.
Wofür wollen Sie sich einsetzen?
Da ich auch Mitglied des Senats der JLU Gießen bin, weiß ich, dass im Fachbereich 11 (das ist der für Humanmedizin) einige Professoren neu berufen wurden, die zur Zeit mit dem UKGM über finanzielle Mittel ihrer zukünftigen Abteilungen verhandeln. Ich habe da ein bisschen Angst, dass die Kandidaten zwar seitens der JLU Gießen berufen werden – sie aber nicht kommen, weil ihnen nichts geboten wird. Ein Problem bei uns ist, dass in vielen Bereichen die Ausstattungen veraltet sind – es besteht daher dringend Investitionsbedarf. Ich bin der Ansicht, dass man sich in einigen Bereichen regelrecht kaputtgespart hat.
Ein weiterer Punkt ist die Wertschätzung der Arbeit, die oft auf der Strecke bleibt. Die Mitarbeiterzufriedenheit halte ich für sehr wichtig – das ist auch eine gewisse Nachhaltigkeit. Für mich wird bei UKGM der Begriff „corporate identity“ zu wenig berücksichtigt; das ist schlecht, denn zufriedene Mitarbeiter sind motivierter, weniger krank und arbeiten schließlich auch besser – das vermisse ich sehr beim UKGM. Wir haben deshalb bereits viele gute Mitarbeiter an andere Kliniken verloren. Der Geschäftsführung war das egal – es werden nur Köpfe gezählt – und es ist sehr schade, wenn wir einen guten Mitarbeiter verlieren und keinen Guten dafür bekommen. Zum Beispiel zahlen andere Krankenhäuser für kurzfristige Dienstübernahmen einen Zuschlag, das lehnt das UKGM bisher strikt ab.
Ich beobachte zudem, dass die Ökonomisierung der Krankenhäuser ein bundesweites Problem darstellt. Fast alle Unikliniken in Deutschland schreiben rote Zahlen – die Länder gleichen dies dann letztendlich aus. Am privatisierten UKGM muss es eine schwarze Null sein; die Alternative wäre die Insolvenz. Das Land Hessen darf Verluste von UKGM nicht ausgleichen. Diese schwarze Null geht letztendlich auf Kosten der Patienten und des Personals.
Was muss sich aus Ihrer Sicht ändern?
Die Mitarbeiter müssen mehr in den Fokus rücken. Die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte hat zugenommen und auch das Berufsbild hat sich verändert, die „Work-Life-Balance“ ist sich am wandeln. Dies muss auch von unserer Geschäftsführung berücksichtigt werden: Wer nicht mit der Zeit geht – geht mit der Zeit. Wir müssen zudem gute Mitarbeiter halten und auf Qualität und Image achten – das ist auch eine Form von Nachhaltigkeit, die zurzeit im UKGM unterschätzt wird.
Warum ist es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte im Aufsichtsrat vertreten sind?
Ärztinnen und Ärzte sind letztendlich die wichtigste Berufsgruppe im Betrieb und brauchen deshalb eine deutliche Stimme im Aufsichtsrat. Ein Patient kommt ins Krankenhaus, weil er vom Arzt behandelt und von der Pflege gepflegt werden will – mit Sicherheit nicht, weil er verwaltet werden will – deshalb ist es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte im Aufsichtsrat mitwirken.
Interview: mn