Es war eine spannende Zeit. Eigentlich musste ich auf das 3. Staatsexamen lernen. Ich hatte es so schön geplant: PJ auf 75% um mehr Zeit zum Lernen zu haben, da ich Alleinerziehend mit Kleinkind bin und am Ende sicher keine Fehltage mehr übrig sein würden. Diese Zeit wollte ich ebenfalls nutzen, um mir eine passende Stelle zu suchen. Dann kam Corona, als alleinerziehende Studentin hatte ich plötzlich keinen Anspruch auf einen Kindergartenplatz! Was nun? Da ich einen nach chirurgischem Eingriff stark infizierten Mückenstich am Arm hatte, diesen kaum benutzen konnte und meine Mutter (51 Jahre) schon eine Woche bei uns gewohnt hat, um zu helfen den Kleinen zu versorgen, beschlossen wir Kurzerhand bei der „Omi“ unterzukommen und die Haushalte zusammen zu legen. Dabei blieben der Kleine und ich komplett zuhause um nichts „einzuschleppen“, während Omi die Einkäufe übernahm. Im Haus mit großem Garten fiel uns das weniger schwer als in unserer kleinen Wohnung im 3. Stock.
Nun hieß es tagsüber den kleinen Sonnenschein zu beschäftigen, zu basteln, sich Parcoure einfallen zu lassen um ihn auszupowern und somit das abendliche einschlafen zu beschleunigen. Nachmittags wenn Omi von der Arbeit kam nahm sie den Kleinen für 1,5 Stunden in den Garten, sodass ich lernen konnte, müde wie ich war. Nebenbei versuchte ich natürlich auch mit Kind zu lernen. Sein Patenonkel schickt uns einen Tiptoi Stift der Bücher vorlesen konnte, ich war noch nie so dankbar für technisches Spielzeug. Meine Vorstellung: jeder bekommt seinen „Arbeitsplatz“ und ich kann wenigstens 1 Stunde vormittags lernen wo mein Gehirn noch nicht völlig müde Kinderlieder vor sich her summt. Realität: da mein Kleiner in dieser Zeit diverse heftige Ängste entwickelte und mir nicht von der Seite wich, saß er neben mir oder besser noch auf meinem Schoß, der Stift erzählte und ich verrenkte mir den Kopf auch etwas aus meinem Buch erkennen zu können. Fazit: ich weiß nun mehr über Dinosaurier und Wale und mein Kleiner mehr über Mesenterialischämie, Diabetes und andere Dinge.
Abends brachte ich meinen Sohn ins Bett, um dann anschließend vor dem Schreibtisch zu sitzen und mit der Lerngruppe über Skype oder Zoom zu lernen. Im Anschluss dann nochmal alleine bis 02.30 Uhr, dann war auch mein Tag endlich geschafft und ich fiel todmüde ins Bett. Der nächste Tag begann dann wieder früh, aber sowas ist man als Mama ja schon gewohnt!
Tatsächlich musste ich mich auch noch rechtfertigen, warum ich mich nebenbei nicht auch noch mehr engagiert habe. Das tat ziemlich weh, denn wo ich das noch unterbringen sollte, zumal ja keine Kinderbetreuung möglich war und das Examen auch geschafft werden musste, war mir schleierhaft.
Cyndie Heim studiert in Gießen