Offensichtlich versucht Helios nunmehr den Druck auf den Marburger Bund und die Ärzteschaft zu erhöhen, indem ein Angebot veröffentlicht wird. Hier die Einzelheiten des Angebotes in Bezug zu den Regelungen in anderen Tarifbereichen:
- Dienstplanung
Die von Helios vorgeschlagene Regelung zur Dienstplanung orientiert sich offenbar an den Vorgaben der Tarifeinigung, die wir bereits im zurückliegenden Sommer mit der Sana Kliniken AG erzielt haben. Zentraler Bestandteil ist dabei die generelle Verpflichtung des Arbeitgebers, die Planung aller Dienste vier Wochen vor Beginn des jeweiligen Planungszeitraumes abgeschlossen zu haben. Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Pflicht, schuldet er jedem ärztlichen Beschäftigten, der unter den jeweiligen Dienstplan fällt, eine Pauschale. Der Unterschied zu Sana liegt allerdings in der Höhe der Pauschale: werden dort wegen des Verstoßes 100 € für jeden Arzt fällig, will Helios lediglich 80 € aufwenden.
- Kurzfristige Inanspruchnahme
Auch im Hinblick auf Kompensationen für kurzfristige Inanspruchnahmen orientiert sich Helios offenbar an den Regelungen im TV-Ärzte Sana. Werden Ärztinnen und Ärzte im Falle einer zulässigen Änderung des Dienstplanes kurzfristig zur Arbeit herangezogen, so sollen hier wie dort pauschale Zahlungen fällig werden. Die übrigen Modalitäten unterscheiden sich allerdings erheblich: Im Falle der Ärztinnen und Ärzte bei Sana werden bereits bei einer Zeit von weniger als 72 Stunden zwischen Anordnung und Dienstantritt 75 € fällig erhöht sich diese Zahlung im Falle von weniger als 48 Stunden auf 100 €. Die erste Stufe will Helios sich aber sparen und sieht eine Kurzfristigkeit erst bei weniger als 48 Stunden gegeben.
- Bereitschaftsdienste
Ein zentraler Streikpunkt in den laufenden Tarifverhandlungen ist der Umgang mit Bereitschaftsdiensten. Zum einen hat der MB mit nahezu allen großen Klinikbetreibern Regelungen für die generelle Begrenzung von Bereitschaftsdiensten beziehungsweise ihre Höherbewertung im Falle der Überschreitung einer bestimmten Grenze vereinbart. Zum anderen haben wir für die kommunalen Kliniken, an deren Struktur sich die Bereitschaftsdienstvergütung bei Helios grundsätzlich orientiert, verschiedene Instrumente entwickelt, die zu einer deutlich besseren Bereitschaftsdienstvergütung führen. Helios ist jedoch weder bereit, diese Instrumente -oder ähnlich geeignete- nachzuvollziehen, noch im Hinblick auf die Bewertung der Dienste oberhalb bestimmter Grenzen das Niveau der anderen Tarifverträge zu vereinbaren. Stattdessen verbeißen sich die Arbeitgeber in dem Vorschlag, erst ab dem 25. Bereitschaftsdienst im Kalenderhalbjahr die Bewertung weiterer Dienste zu erhöhen.
Zum Vergleich: Im TV-Ärzte Entgelt Asklepios, an dem Helios sich mit diesem Vorschlag offenbar orientiert, werden Dienste bereits ab dem 22. Dienst im Kalenderhalbjahr um 10 %-Punkte höher bewertet; ab dem 27. Dienst im Kalenderhalbjahr erhöht sich die Bewertung um weitere 10 %-Punkte. Auch im Bereich der kommunalen, universitären und berufsgenossenschaftlichen Kliniken findet je nach Betrachtungszeitraum eine gestaffelte Höherbewertung der Dienste statt. Helios ficht das alles nicht an, ihre Ärztinnen und Ärzte sollen sich mit weniger zufrieden geben.
Aber auch hinsichtlich der generellen Bewertung und Bezahlung von Diensten bleibt Helios hinter den Regelungen für die kommunalen Häuser zurück -wohlgemerkt obwohl die generelle Struktur der Bereitschaftsdienstbezahlung jener aus dem TV-Ärzte/ VKA entspricht. Zwar bietet Helios an, die Bewertung der Bereitschaftsdienste generell um 10 %-Punkte anzuheben; durchaus ein Schritt in die richtige Richtung.
Die ebenfalls notwendige Schaffung eines generellen BD-Zuschlages (dieser beträgt bei der VKA 15 %) lehnt Helios stattdessen ab. Auch die von Helios angebotene Regelung eines Zuschlages in Höhe von 6% für Bereitschaftsdienste (und Vollarbeit) in der Zeit von 21 bis 6 Uhr (im Tarifvertrag der Zeitraum für Nachtarbeit) ab 1. Januar 2022 geht zwar in die richtige Richtung, ignoriert aber, dass bereits die im Tarifvertrag gesondert ausgewiesenen Stundenentgelte -zumindest in gleichem Maße wie die Tabellenentgelte- ebenfalls erhöht werden müssten, um nicht den Anschluss zu verlieren. Zum anderen führt die angebotene Gestaltung als Zuschlag dazu, dass die bestehende Steuerfreiheit für Nachtarbeitszuschläge in der gleichen Zeit in Gefahr gerät. Das aber wäre völlig kontraproduktiv und deshalb mit dem MB nicht zu machen.
Besonders perfide, im Zuge der Neuschaffung dieser Regelung schlägt Helios allen Ernstes vor, den bestehenden Zuschlag für nächtliche Vollarbeit auf 15 % zu reduzieren.
- Lineare Erhöhungen
Schließlich hält der MB auch die von Helios angebotenen linearen Erhöhungen -also die Steigerungssätze der Tabellenentgelte- weder für ausreichend, noch in Anbetracht eines Rekord-Konzernergebnisses für angemessen. Helios bietet für die Zeit von Januar 2021 bis Ende Februar 2022 eine lineare Erhöhung von 2 % an. Zusammen mit den ab März 2022 bis Ende Dezember 2022 avisierten 1,6 % bleibt Helios damit in der Summe hinter den linearen Erhöhungen zurück, die die nichtärztlichen Beschäftigten im gleichen Zeitraum erhalten, die Einmalzahlung in Höhe von 400 €, die die nichtärztlichen Beschäftigten zudem erhalten, ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Deutlicher kann der Konzern die mangelnde Wertschätzung für seine Ärztinnen und Ärzte kaum ausdrücken.
Die Große Tarifkommission hat sich in Ihrer außerordentlichen Sitzung intensiv mit dem Verhalten des Konzerns beschäftigt und entschlossen, dass die für eine Einigung notwendige Dynamik nur mit weiterer Unterstützung durch die Ärzteschaft zu erzielen sein wird und hat formal den Weg für Warnstreikaktionen freigemacht. Den Auftakt haben die Ärztinnen und Ärzte in den Helios Kliniken Schwerin gemacht. Weitere Aktionen werden folgen.
Soweit Helios behauptet, dass der Marburger Bund auf Maximalforderungen beharrt, entspricht das ersichtlich nicht den Tatsachen. Es wurden in den zurückliegenden Verhandlungsrunden, als auch in den Sondierungsgesprächen, diverse Vorschläge zur Verständigung bei den verschiedenen Themenfeldern gemacht. Natürlich steht der MB auch weiterhin jederzeit für Gespräche mit Helios zur Verfügung, glaubt aber, dass die Ärztinnen und Ärzte bei Helios einen Anspruch darauf haben, zumindest vergleichbare Arbeitsbedingungen, wie bei anderen Arbeitgebern vorzufinden. Den Versuch des Konzerns, möglichst unattraktive Bedingungen für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen, um diese zu motivieren die Helios Kliniken zu verlassen und damit zum Gelingen des beabsichtigten Personalabbaus im Konzern beizutragen, wird vom MB nicht unterstützt.