Aufgrund eines „Höchststands an Krankheits- und isolationsbedingten Ausfällen bei Mitarbeitenden über alle Dienstarten hinweg“ – wie die Internetseite hessenschau.de eine Klinik-Sprecherin des UKGM zitiert – habe die Uniklinik zu diesem Mittel gegriffen. Möglich macht ihr das dieses Vorgehen der „Erlass zur Aufrechterhaltung der Patientenversorgung in den hessischen Krankenhäusern bei quarantäne-/ bzw. isolationsbedingtem Personalausfall“ der hessischen Landesregierung. Dieser Erlass erlaubt es, Personal, dass positiv auf Covid 19 getestet wurde, sich aber für arbeitsfähig erklärt, einzusetzen. Gleichzeitig legt die aktuelle Coronabasisschutzmaßnahmenverordnung (CoBaSchuV §4 Abs 3) vom 19. Juli diesen Jahres fest, dass Beschäftigte in Krankenhäusern frühestens fünf Tage nach einem Infektionsnachweis mindestens einen negativen Antigenschnelltest vorlegen müssen, bevor sie wieder arbeiten. Auch das Uniklinikum Frankfurt hatte Mitte Juli die Beschäftigung von Corona-Infizierten, aber arbeitsfähigen Mitarbeitenden erlaubt. Nach einer Welle der Empörung war die Geschäftsführung dort wieder zurückgerudert. Mitarbeitende müssen nun nach einer Infizierung einen negativen Antigen-Schnelltest, aber keinen PCR-Test vorlegen.
„Und zum wiederholten Mal in der Pandemie, lässt die Wertschätzung des Personals in den Krankenhäusern zu wünschen übrig!“, so Dr. Jörg Focke, Vorsitzender des MB-Bezirksverbands Gießen. In der Vergangenheit sei eine solche Ausnahmeregelung nur über eine entsprechende Sondergenehmigung des zuständigen Gesundheitsamtes möglich gewesen. „Nun wird die Bürde der Entscheidung auf den einzelnen Mitarbeiter abgewälzt“, so Focke.
Anforderungen an das Personal auf unverantwortliche Weise stetig erhöht
Das Land Hessen bleibe seit Jahren gesetzlich verpflichtende Investitionszahlungen an die Kliniken schuldig. „Die Leitungen der Kliniken bauen unter dem Druck der Fehlanreize des DRG-Systems und den Erwartungen von Investoren seit Jahren Personal ab bzw. erhöhen die Anforderungen an das vorhandene Personal stetig in unverantwortlicher Weise“, kritisiert Dr. Christian Schwark. „In diese, sich seit langem zuspitzende Personallage kam 2020 die SARS-CoV2-Pandemie. Zudem war auch die sogenannte Sommerwelle keine echte Überraschung. Alle Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken vor Ort warnen seit Monaten vor genau diesem aktuellen Personalengpass“, sagt der MB-Landesvorsitzende.
Entscheiden sich die SARS-CoV-2-positive Mitarbeitenden freiwillig zu arbeiten, so müssen sie kontinuierlich eine FFP2-Maske tragen. „Wie sollen sie angemessen Pause machen und etwas essen und trinken? Wer glaubt, dass zusätzliche Quarantäne-Pausenräume geschaffen werden?“, fragt Dr. Jörg Focke. Der MB Hessen warnt vor der großen Gefahr, dass Mitarbeitende so Kolleginnen und Kollegen anstecken und der Personalnotstand damit noch verschärft wird.
Nicht zu unterschätzende Atemwegserkrankung
Aber auch gegenüber den Patientinnen und den Patienten findet der Marburger Bund Hessen dieses Vorgehen unverantwortlich. Patienten müssten sich darauf verlassen können, nicht durch akut infiziertes Personal behandelt zu werden. Eine Infektion mit SARS-CoV-2 sei und bleibe weiterhin eine nicht zu unterschätzende Atemwegserkrankung. Das Festhalten an einer Isolationspflicht diene also nicht nur den Patienten-, sondern insbesondere auch den Mitarbeiterschutz und somit auch den Schutz vor weiteren Personalausfällen.