Die Antworten der PJ-Studierenden und jungen Ärztinnen und Ärzte im PJ-Barometer 2023 des Marburger Bundes zeigen, dass in vielen Lehreinrichtungen enormer Verbesserungsbedarf besteht: Viele PJ-Studierende werden nicht zu ausbildungsentsprechenden Tätigkeiten herangezogen, sondern als billige Arbeitskräfte für nicht primär ärztliche Aufgaben eingesetzt. Sie erhalten keine oder nur eine geringfügige Aufwandsentschädigung. Ein Großteil von ihnen ist auf finanzielle Unterstützung der Familie angewiesen und rund ein Drittel muss neben dem Vollzeiteinsatz in der Klinik noch einem Nebenjob nachgehen. Um sich vollumfänglich der eigenen Ausbildung widmen und um sich sachgerecht auf das Dritte Staatsexamen direkt im Abschluss des PJs vorbereiten zu können, sollte Studierenden im Praktischen Jahr eine bundesweit einheitliche PJ-Aufwandsentschädigung mindestens in Höhe des BAföG-Höchstsatzes gezahlt werden. Weiterhin gilt es, PJ-Studierenden ein strukturiertes Mentoring und eine praktisch angewandte Ausbildung zu bieten – dafür sprach sich der MB auf seiner Hauptversammlung im Mai in Essen aus.
Während des einjährigen PJ, in dessen Mittelpunkt die Ausbildung am Krankenbett steht und das dem Ziel der Vertiefung der im Studium gewonnenen Kenntnisse und Fertigkeiten dient, erhalten Studierende beispielsweise in den Lehrkrankenhäusern der Universität Frankfurt eine pauschale monatliche Aufwandsentschädigung von 399 Euro und am Universitätsklinikum Marburg und Gießen in Höhe von 400 Euro. Dies entspricht bei einem ganztägigen Einsatz in der Fünf-Tage-Woche gerade mal durchschnittlich 2,30 Euro pro Stunde, zuzüglich etwaiger Verpflegungszuschläge zwischen 2,80 und 3,50 Euro je Anwesenheitstag.
In den vergangenen zwei Jahren hat sich durch Inflation und gestiegene Verbraucherpreisen nicht nur bei Arbeitnehmern, sondern auch den Studierenden die Lebenshaltung nachhaltig verteuert. Dessen ungeachtet werden die PJ-Studierende in vielen Häusern als günstige Arbeitskräfte eingesetzt; in manchen Kliniken sogar wie Mitarbeitende im Stellenplan berücksichtigt.
„Die Lehrkrankenhäuser und Unikliniken sind eigentlich zu einer guten praktischen Ausbildung gesetzlich verpflichtet. Wir erwarten, dass sie diesen Auftrag erfüllen und Studierende im Praktischen Jahr nicht wie billige Hilfskräfte behandeln“, fordert Pauline Graichen, Vorsitzende des Sprecherrates der Medizinstudierenden im Marburger Bund. „Es geht im PJ um die Vertiefung der im Studium erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten und nicht darum, uns als Lückenbüßer zu missbrauchen.“
Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) hat die Forderungen für ein „#fairespj“ in einer Petition zusammengefasst, die bei Erreichung von 100.000 Unterschriften an das Bundesgesundheitsministerium und den Medizinischen Fakultätentag übergeben werden soll. Die Forderungen lauten:
- Das Recht, sich krank zu melden durch die Trennung von Krankheits- und Fehltagen in der Approbationsordnung, der Verordnung, die die Rahmenbedingungen des Medizinstudiums bestimmt.
- Eine qualitativ hochwertige Ausbildung! Mentoring, Betreuung und Lehrveranstaltungen, wie in den Entwürfen der Approbationsordnung vorgesehen, müssen zeitnah umgesetzt werden.
- Viele PJ-Studierende können von der Vollzeittätigkeit im Krankenhaus nicht leben. Es ist unerlässlich, dass den Studierenden eine für Grundbedürfnisse ausreichende Aufwandsentschädigung gewährt wird. Daher wird eine bundesweite Aufwandsentschädigung mindestens in Höhe des BAföG-Höchstsatzes gefordert.
- Einen Mindestabstand von vier Wochen zwischen dem Ende des Praktischen Jahres und dem dritten Staatsexamen, der Abschlussprüfung des Medizinstudiums, denn auf das Staatsexamen vorbereiten geht nicht zwischen Tür und Angel!
In Hessen ist für den 19. Juli eine Demonstration in Gießen geplant, die um 10.30 Uhr am Bahnhof Gießen startet.