• „Nicht zu Ende gedacht“

    Pressemitteilung
    Ein Kommentar von Dr. Susanne Johna zur Bertelsmann Studie
    26.Juli 2019
    Die Argumentation, die die Bertelsmann Stiftung vorbringt, klingt auf den ersten Blick plausibel: Deutschland hat zu viele kleine Kliniken. Warum also nicht einen Großteil davon schließen? Laut der Studie hätte dies eine bessere medizinische Versorgungsqualität, eine hochwertigere Ausstattung und höhere Spezialisierung sowie eine bessere Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal zur Folge.

    Doch was die Studie hier zeichnet, ist ein stark vereinfachtes Bild der deutschen Kliniklandschaft. So ist nirgendwo belegt, dass kleine Kliniken im Durchschnitt  schlechtere Ergebnisse erzielen  als große Häuser. Zweifellos sollten spezialisierte, komplexe Eingriffe in Zentren erfolgen, die diese Eingriffe auch ausreichend oft durchführen. Gleichzeitig brauchen wir aber auch Krankenhäuser, die vor Ort, auch im ländlichen Raum die die Versorgung der Patienten sicherstellen! Weniger Krankenhausstandorte bedeuten nicht weniger Patienten!

    Die in der Studie erhobene Forderung nach „ambulant vor stationär“ macht nur dann Sinn, wenn allerorts die hierfür notwendigen ambulanten Strukturen vorhanden sind. Seit Jahren stößt aber auch die ambulante Versorgung im ländlichen Raum an die Kapazitätsgrenze; die fachärztliche Versorgung wird dort oft nur noch durch Krankenhäuser sichergestellt. Für Ballungsgebiete, wie in der vorliegenden Modellregion Köln/Leverkusen mag es Sinn machen, Versorgungsstrukturen zusammenzulegen. Da ist eine aktive Landeskrankenhausplanung unter Beteiligung der Ärzteschaft gefragt, denn in der Tat muss nicht jede Klinik alle Subdisziplinen vorhalten.  Doch in der Peripherie braucht es  nach wie vor die Gewährleistung einer breiten medizinischen Grund- und Regelversorgung an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr. Im Fokus sollte das Wohl des Patienten und nicht die Kommerzialisierung von Kliniken stehen. Patientenversorgung ist Daseinsvorsorge, Krankenhäuser sind keine Profit-Center.

    Würde man sich tatsächlich am dänischen System ein Beispiel nehmen, müsste  man wie dort geschehen, 1000 € pro Einwohner in die Optimierung von Krankenhausstrukturen, bessere Ausstattung und Ausbau des Rettungsdienstes stecken. Für Deutschland wären das mehr als 80 Mrd. Euro! Patientinnen und Patienten brauchen Zugangs- und Verteilungsgerechtigkeit ebenso wie eine qualitativ hochwertige Versorgung in gut ausgestatteten Kliniken mit ausreichendem gut aus- und weitergebildetem Personal. Der Abbau von einzelnen Klinikstandorten kann sinnvoll sein. Pauschal den Rotstift ansetzen, erst Recht ohne die Auswirkungen z.B. auf den Rettungsdienst zu berücksichtigen ist sicher falsch.