I. Neu in beiden Bereichen:
1. Erhöhung des Zuschlags bei kurzfristiger Übernahme
Bereits mit Wirkung zum 1. Oktober 2023 gilt nun ein Zuschlag in Höhe von 17,5 Prozent für die kurzfristige Übernahme von Diensten jeglicher Arbeitsform (§ vorher 15 Prozent) gemäß § 7a TV-Ärzte Entgelt Helios bzw. § 7a TV-Ärzte Helios/Rhön. Der Zuschlag entsteht dann, wenn Dienste jeglicher Arbeitsform mit einer Ankündigungsfrist von weniger als 72 Stunden übernommen werden (müssen).
2. Rechtzeitige Dienstplanung
Ab Januar 2024 müssen sämtliche Dienste (einschließlich Rufbereitschaften, Vollarbeit, Bereitschaftsdienst sowie Schicht- und Wechselschichtarbeit) spätestens vier Wochen vor Beginn des Planungszeitraumes in einem Dienstplan geregelt werden. Dienste, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, werden mit 20 Prozent pro Stunde bezuschlagt, und zwar
- erhöht sich bei Bereitschaftsdienst dessen Bewertung für die Vergütung um 20 Prozentpunkte,
- erhöht sich bei Rufdienst das hierfür in der Tabelle ausgewiesene Stundenentgelt um 20 Prozent; dies gilt sowohl für die Berechnung der Bereithaltepauschale als auch für die Berechnung des Entgelts für die tatsächliche Inanspruchnahme,
- besteht bei Regeldienst (also auch Schicht- und Wechselschichtarbeit) für jede Stunde Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von 20 Prozent des individuellen Stundenentgelts (also des auf eine Stunde entfallenden jeweiligen Tabellenentgelts.
Was bedeutet das konkret für Sie?
Erfolgt die Planung Ihrer Arbeit in einem Dienstplan, so muss dieser vier Wochen vor seinem Beginn aufgestellt sein. Es muss also konkretisiert sein, wann Sie zur Arbeit herangezogen werden. Dabei geht es nicht nur um die Planung der Bereitschaftsdienste oder Rufdienste, sondern auch die der regelmäßigen Vollarbeit (auch Schicht- und Wechselschicht). Diese Planung muss Ihnen auch rechtzeitig vorliegen. Laut aktueller Rechtsprechung des BAG gehört zur Aufstellung eines Dienstplans, dass er jedem darin Verpflichteten bekannt gegeben wird.
Was bedeutet das in Bezug auf die Mitbestimmung?
Besagte neuere Rechtsprechung des BAG beschäftigt sich mit der – allerdings anders lautenden – Dienstplanungsregelung des TV-Ärzte/VKA. Das BAG stellte darin fest, dass ein Dienstplan dann „aufgestellt“ ist, wenn er „in der Welt ist“, also der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts die Arbeitsverpflichtung der einzelnen Ärztinnen und Ärzte individuell konkretisiert und dies den Dienstverpflichteten auch bekannt gegeben hat.
Die Durchführung der Mitbestimmung, also die Zustimmung des Betriebsrates, ist nach der Entscheidung des BAG nicht Voraussetzung für die fristgemäße Aufstellung im Sinne der Norm. Obwohl die neue Regelung im Helios-Tarifvertrag völlig anders aufgebaut ist, wird man an diesen Feststellungen des BAG zur Frage der Aufstellung eines Dienstplanes im Hinblick auf die Mitbestimmung nicht vorbeikommen. Aber Achtung! Die Verpflichtung zur Einhaltung der Mitbestimmung bei der Dienstplanung seitens des Arbeitgebers entfällt dennoch nicht. Wenn der Betriebsrat den Dienstplan ablehnt und bei Streit hierüber am Ende festgestellt wird, dass die Ablehnung zu Recht erfolgte, entfällt der Dienstplan rückwirkend. Eine danach notwendige Neuaufstellung des Dienstplans führt, wenn sie nicht vier Wochen vor Beginn des Planungszeitraums erfolgt, unweigerlich dazu, dass die darin enthaltenen Dienste (sämtliche Arbeitsformen) nicht rechtzeitig geplant sind. Dies führt im Ergebnis zu den oben dargestellten finanziellen Konsequenzen. Die Folgen einer nicht rechtzeitig durchgeführten Mitbestimmung gehen also zu Lasten des Arbeitgebers. Es ist in jedem Fall ratsam, die Planung und Mitbestimmung so rechtzeitig durchzuführen, dass auch im Rahmen der Mitbestimmung notwendig werdende Änderungen noch fristgemäß erfolgen können.
Wird der laufende Dienstplan geändert und müssen Ärztinnen und Ärzte in der Folge einen Dienst übernehmen, so handelt es sich dabei ebenfalls nicht um einen rechtzeitig geplanten Dienst mit der entsprechenden finanziellen Folge. Wird ein Dienst mit einer Ankündigungsfrist von weniger als 72 Stunden übernommen, so führt dies zusätzlich zu dem Zuschlag gemäß § 3a TV-Ärzte Entgelt Helios bzw. § 7a TV-Ärzte Helios/Rhön in Höhe von 17,5 Prozent bzw. im Falle von Bereitschaftsdienst um die Anhebung der Bewertung um 17,5 Prozentpunkte.
Aus der Rechtsberatung unserer Landesverbände haben wir erfahren, dass durchaus lückenhafte Dienstpläne bekannt gegeben werden, in denen an manchen Stellen das Kürzel „N.N.“ zu lesen ist. Wird hier nicht bis vier Wochen vor Beginn des Planungszeitraums nachgebessert, handelt es sich ebenfalls um einen nicht rechtzeitig geplanten Dienst im Sinne der neuen Regelung. Für die dann nicht fristgerecht eingeteilten Diensthabenden erhöhen sich die Entgelte wie oben dargestellt.
II. Neu im TV-Ärzte Helios:
Freistellung zur Fortbildung
Für ärztliche Fortbildungsveranstaltungen oder auch medizinische Kongresse haben Ärztinnen und Ärzte Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts für bis zu fünf Arbeitstage im Jahr. Daneben besteht Anspruch auf den Ersatz notwendiger Kosten.
Fortbildungsveranstaltungen für den Erwerb einer für die Ausübung der Tätigkeit notwendigen Fachkunde, so z.B. gemäß Strahlenschutzverordnung, fallen nicht unter diesen Arbeitsbefreiungstatbestand.
III. Neu im TV-Ärzte Helios/ Rhön
1. Freie Wochenenden
Mit Wirkung ab 1. Januar 2024 haben auch Ärztinnen und Ärzte im Tarifbereich Helios/Rhön einen direkten Anspruch auf mindestens 12 freie Wochenenden im Kalenderhalbjahr. Die Regelung findet sich in der neuen Mantelregelung im § 7b TV-Ärzte Helios/Rhön. Damit müssen 12 Wochenenden im Kalenderhalbjahr in der Zeit zwischen Freitag 22:00 Uhr und Montag 06:00 Uhr frei von jeglicher Arbeits- oder Dienstleistung bleiben. Dies gilt auch für Rufbereitschaften, selbst wenn keine Inanspruchnahme erfolgt.
Arbeit an weiteren Wochenenden darf nur dann angeordnet werden, wenn andernfalls die Patientensicherheit gefährdet ist.
Die Abweichung vom Anspruch auf 12 freie Wochenenden muss dabei eine Ausnahme darstellen. Sinn und Zweck der Regelung ist der Schutz vor regelmäßiger Überlastung. In Bezug auf die Patientensicherheit geht es darum, unerwünschte Ereignisse abzuwenden, die dadurch entstehen, dass Therapien nicht mehr betrieben bzw. nicht überwacht werden können, weil z.B. wegen eines plötzlich eintretenden hohen Krankenstandes eine Unterbesetzung bei unveränderter Personalplanung eintreten wird. Der abzuwendende Zustand der Unterbesetzung muss dabei ein vorübergehender sein. Der Arbeitgeber kann sich nicht auf die Gefährdung der Patientensicherheit berufen, wenn die Abteilung dauerhaft unterbesetzt und die Patientenversorgung ohnehin schon nicht gewährleistet ist. Der Arbeitgeber muss im Zweifelsfall nachweisen, dass er unverzüglich alles Erforderliche unternommen hat, um die Notsituation zu beheben (z. B. ernsthafte Personalbeschaffungsbemühungen, Einsatz von Honorarkräften). Kommt es wiederholt zu personeller Unterbesetzung, muss die Personalausstattung generell überprüft und angepasst werden.
In jedem Fall muss pro Kalendermonat ein Wochenende frei bleiben. Nicht gewährte Wochenenden sind auf Antrag in das folgende Kalenderhalbjahr zu übertragen und müssen dann bis zu dessen Ende zusätzlich zu den freien Wochenenden des zweiten Halbjahres gewährt werden. Übertragene Wochenenden reduzieren somit im folgenden Kalenderhalbjahr die Anzahl der für Arbeitsleistung zur Verfügung stehenden Wochenenden. Der Antrag auf Übertragung ist innerhalb von vier Wochen nach Ende des Kalenderhalbjahres, in welchem die weitere Arbeitsleistung angeordnet worden ist, zu stellen. Am Ende des darauffolgenden Halbjahres muss der Gesamtanspruch auf freie Wochenenden vollständig erfüllt sein. Eine weitere Übertragungsmöglichkeit besteht nicht.
Es ist auf Betriebsebene möglich, Beginn und Ende des Bezugszeitraumes durch Betriebsvereinbarung abweichend festzulegen. Dabei muss der Zeitraum aber immer sechs Monate betragen.
2. Höherbewertung von Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften
a) Bereitschaftsdienst
Eine zahlenmäßige Grenze für die Anordnung von Bereitschaftsdienst wurde nicht geregelt. Allerdings werden Bereitschaftsdienste ab dem 22. Dienst im Kalenderhalbjahr teurer. Die Bewertung als Arbeitszeit zum Zwecke der Entgeltberechnung gemäß § 7 Absatz 4 Satz 2 TV-Ärzte Helios/Rhön erhöht sich um 10 Prozentpunkte. Ab dem 27. Bereitschaftsdienst im Kalenderhalbjahr erhöht sich die Bewertung um weitere 10 Prozentpunkte. Wenn es sich bei einem so höher bewerteten gleichfalls um einen kurzfristig angeordneten Dienst handelt (§ 7a TV-Ärzte Helios/Rhön), so erfolgen beide Erhöhungen in Summe.
Beispiel: Eine Ärztin/ein Arzt wird zu einem 23. Bereitschaftsdienst im laufenden Kalenderhalbjahr herangezogen. In der Stufe 3 wird dieser Dienst mit 110 % bewertet. Handelt es sich um einen kurzfristig angeordneten Dienst i.S.v. § 3a TV-Ärzte Entgelt Helios, wird der Dienst mit 127,5 Prozent bewertet.
b) Rufbereitschaft
Eine ähnliche, jedoch auf jeden einzelnen Kalendermonat bezogene Regelung gilt für Rufbereitschaften. Sofern im Kalendermonat mehr als 12 Rufbereitschaften geleistet werden, erhöht sich das in der Entgelttabelle ausgewiesene Stundenentgelt um 10 Prozent.
Auch hier gilt:
Die Erhöhung des Stundenentgelts ab der 13. Rufbereitschaft im Kalendermonat gilt sowohl für die Berechnung der Pauschale gemäß § 7 Absatz 5 Satz 1 TV-Ärzte Helios/Rhön sowie auch für die Berechnung des Entgelts für Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft. Dies bezieht sich sowohl auf Arbeitsleistung vor Ort im Krankenhaus als auch auf Arbeitsleistung am Aufenthaltsort mittels Telefons oder sonstiger technischer Einrichtungen.
Wenn es sich bei einer Rufbereitschaft ab dem 13. Rufdienst zusätzlich noch um einen kurzfristig angesetzten Dienst handelt, erfolgen beide Erhöhungen der Bewertung in Summe.
Werden im Kalendermonat mehr als 12 Rufbereitschaften geleistet, erhöht sich für jede über dieser Grenze liegende Rufbereitschaft das Stundenentgelt um 10 Prozent. Die bislang bereits bestehenden Regelungen zur Begrenzung von Ruf- und Bereitschaftsdiensten bleiben hierdurch unberührt.
3. Schicht- und Wechselschichtzulagen
Ab 1. Januar 2024 haben Ärztinnen und Ärzte, die in Schicht- oder Wechselschichtarbeit tätig sind, Anspruch auf entsprechende Zulagen. Die Zulage beträgt für ständige Wechselschicht 105 € im Monat und für unständige Wechselschicht 0,63 € pro Stunde. Die monatliche Zulage für ständige Schichtarbeit beträgt 40 Euro, unständige Schichtarbeit wird mit 0,24 € pro Stunde bezuschlagt. Bislang gab es hier keine finanzielle Kompensation, nunmehr konnte zumindest die Zulagenregelung aus dem Bereich TV-Ärzte Helios übernommen werden.
Inflationsausgleichspauschale
Bereits Anfang November sind die beiden Tarifverträge zum sogenannten Inflationsausgleich unterschrieben worden. In beiden Tarifbereichen sollte inzwischen die jeweils erste Zahlung in Höhe von maximal 1.500 Euro erfolgt sein. Voraussetzung für diese erste Zahlung ist, dass im Zeitraum zischen dem 1. Oktober 2022 und dem 31. März 2023 an wenigstens einem Tag Anspruch auf Entgelt bestanden hat, wobei als Entgelt in diesem Sinne auch Ansprüche auf Entgeltfortzahlung oder auf Krankengeldzuschuss gelten, auch wenn dieser wegen der Höhe des zustehenden Krankengeldes oder einer entsprechenden gesetzlichen Leistung nicht gezahlt wird. Dem gleichgestellt sind auch der Bezug von Krankengeld, Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz, Kurzarbeitergeld oder Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz sowie Verletztengelt.
Bei Teilzeitbeschäftigten wird die Höhe der Zahlung entsprechend ihrer individuellen Arbeitszeit berechnet. Der Auszahlungsbetrag vermindert sich für jeden Monat, in dem kein Anspruch auf Entgelt bestanden hat, um ein Sechstel.
Den Anspruch auf den Inflationsausgleich haben alle Ärztinnen und Ärzte, die unter den Geltungsbereich des TV-Ärzte Helios bzw. des TV-Ärzte Helios/Rhön fallen, beziehungsweise in den jeweils anspruchsbegründenden Monaten fielen.
Achtung: Inzwischen bekommen wir Anfragen, ob auch die „ATler“ Anspruch auf den Inflationsausgleich haben. Hierzu sei folgendes klargestellt: Wenn Ärztinnen und Ärzte mit ihrem Arbeitgeber - dies kommt vor allem im oberärztlichen Bereich oder bei den Chefarztstellvertreterinnen und -stellvertretern vor - ein höheres als das letzte Tabellenentgelt vereinbaren, findet der Tarifvertrag im Übrigen gleichwohl uneingeschränkt Anwendung. Da die Tarifverträge zu den Inflationspauschalen aber lediglich auf den Geltungsbereich der jeweils zugrunde liegenden Tarifverträge abstellen, gilt auch für die Pauschale nichts anderes. Sollten Sie eine solche Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber abgeschlossen und den Inflationsausgleich nicht erhalten haben, empfehlen wir Ihnen, sich von Ihrem zuständigen MB-Landesverband zu Ihrer Vertragssituation beraten zu lassen.
Im Januar 2024 folgt dann die zweite Inflationsausgleichszahlung (Helios: 1.500 Euro, Helios/Rhön: 750 Euro). Ein Anspruch hierauf besteht, sofern im Zeitraum zwischen 1. April 2023 und 30. September 2023 an mindestens einem Tag Anspruch auf Entgelt bestanden hat.