Am 17. September hat die Große Tarifkommission des Verbandes (GTK) die Tarifeinigung mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) gebilligt.
Nicht einstimmig und nicht ohne Diskussionen – auch wegen der kritischen Stimmen aus der Mitgliedschaft.
In den zurückliegenden Wochen haben uns zahlreiche positive aber auch sehr viele kritische Stimmen zur Tarifeinigung mit der TdL erreicht, deren Spektrum ausgesprochen breit war. Einige kritisierten insbesondere die Modalitäten der Einmalzahlung und die Ausnahme all derjenigen, die am Stichtag nicht mehr oder noch nicht in einer Uniklinik im Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigt waren. Für andere von Ihnen kommt die lineare Erhöhung im Anschluss zu spät und fällt in Anbetracht der Inflation auch zu gering aus. Einige halten es für misslungen, dass die Oberärztinnen und Oberärzte nicht stärker – etwa durch die geforderte Erweiterung der Entgeltstufen – von der Einigung profitieren. Wieder andere werfen uns vor, leichtfertig die Forderungen nach Neuordnung der Zuschläge (für Vollarbeit) preisgegeben zu haben. Und einige halten uns schließlich eine gänzlich verfehlte Verhandlungsführung vor und wähnen uns letztlich gar auf Seiten der Arbeitgeber.
Abgesehen von absurden Vorwürfen, wie dem letztgenannten, ist Kritik am Abschluss angebracht und ausdrücklich gewünscht. Sie hilft uns und den Tarifgremien, die tarifpolitische Ausrichtung des Verbandes zu justieren und dient der Einschätzung bei Abstimmungen über den Umgang mit Tarifeinigungen. Natürlich haben weder die Verhandlungskommission noch die Tarifgremien bei der Annahme der Eckpunkte Interessen der Ärzteschaft preisgegeben oder leichtfertig verhandelt. Allerdings weisen Verhandlungen mit der TdL einen grundsätzlich anderen Charakter und eine andere Dynamik auf als Verhandlungen mit sämtlichen anderen Tarifvertragsparteien. Die Entscheidungen auf Arbeitgeberseite werden weder in den Uniklinika noch unter deren Beteiligung getroffen, sondern stehen dem Grunde nach in den Finanzministerien der beteiligten Bundesländer fest – vielfach bereits Monate vor Beginn der Verhandlungen. Zwar bedeutet dies keine wortgemäße Festlegung einzelner Regelungen, sehr wohl aber eine Fixierung des tarifpolitischen – und auch des finanziellen – Rahmens einer möglichen Einigung. Abweichungen von diesem Rahmen sind weder vorgesehen noch gegen den Willen der beteiligten Ministerialbeamten zu erzeugen. Wo in Verhandlungen mit anderen Arbeitgebern sanfter oder deutlicher Druck ausreicht, zeigt sich die TdL weitgehend unempfindlich – weil sie es ist. Nicht umsonst hat der Arbeitskampf mit den Ländern über den ersten arztspezifischen Tarifvertrag mit der TdL in den Jahren 2005 und 2006 einen vierzehnwöchigen Arbeitskampf erfordert, bevor zentrale Forderungen der Ärzteschaft umgesetzt werden konnten. Die Bundesländer selbst und erst recht die Beamten in den Finanzministerien spüren wirtschaftlichen Schaden oder Druck, der durch Arbeitsniederlegungen entsteht, deutlich später als andere Krankenhausarbeitgeber – und in deutlich geringerem Maße. Einzelne Warnstreikmaßnahmen mögen deshalb zwar geeignet sein, öffentliche Aufmerksamkeit auf die Tarifverhandlungen zu lenken, an der grundsätzlichen Unbeweglichkeit der TdL ändern sie aber wenig.
Die GTK hatte sich in ihrer zurückliegenden Sitzung deshalb auch nicht nur mit den Fakten der Tarifeinigung zu befassen und über den Umgang mit ihr zu befinden. Die Mitglieder des Gremiums hatten auch die Möglichkeit, sich ein dezidiertes Bild über die Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft zu machen und ausführlich über die Folgen daraus zu diskutieren. Die GTK ist von der Notwendigkeit einer grundsätzlich anderen und intensiveren Vorbereitung der ab Oktober 2023 anstehenden Tarifverhandlungen überzeugt. Das betrifft zum einen den Inhalt der zu erwartenden Auseinandersetzung, also Kündigungen und Forderungen. Zum anderen betrifft das aber auch die Vorbereitung des Verbandes auf eine zu erwartende längerfristige Auseinandersetzung und nicht zuletzt die Vorbereitung der betroffenen Mitglieder. Der nunmehr festgelegte Zeitplan und die Eckpunkte einer Tarifinitiative für die Ärztinnen und Ärzte an den Uniklinika stellt damit zwar einerseits eine Reaktion auf die Rückmeldungen dar, soll aber auch und gerade neue Möglichkeiten generieren, mit dem Verhandlungsgegenüber TdL zukünftig grundsätzlich anders verhandeln zu können.
Die Landesverbände werden daher noch in diesem Herbst mit einem Dialog über die zukünftige Ausrichtung der Tarifpolitik für die Universitätsklinika beginnen. Hierzu werden sowohl Netzwertreffen vor Ort wie auch im Online-Format stattfinden, in denen wir vor allen Dingen Ihre Sicht auf die Arbeitsbedingungen und die notwendigen Änderungen erfahren wollen. Zugleich sollen diese Treffen aber auch der Vernetzung untereinander und mit dem Verband sowie dem Aufbau von belastbaren Strukturen für die zu erwartende Auseinandersetzung mit der TdL dienen. Zugleich wollen wir mit Ihnen aber auch darüber diskutieren, was aus Ihrer Sicht notwendig ist, einen – möglicherweise auch langen – Arbeitskampf erfolgreich zu führen.
Die gesammelten Ergebnisse und Erkenntnisse werden dann in den Tarifgremien aufbereitet, zurück in die Mitgliedschaft gespiegelt und dienen sodann als Grundlage für die notwendigen Kündigungen und Forderungen und damit als Grundlage für die Tarifverhandlungen ab Oktober 2023.