Vor ersten Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern über die Krankenhausreform am 5. Januar hat der Marburger Bund die Länder aufgefordert, "bei der Reform mitzuziehen". "Die Länder stehen in der Pflicht, die unverzichtbaren Standorte zu identifizieren und über Wasser zu halten und auch zu entscheiden, wo sich Strukturen verändern müssen", sagte die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Dr. Susanne Johna, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Die Reform dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden. "Wir müssen da jetzt Tempo reinbekommen, dann könnte ab Mitte 2024 die Umsetzung starten. Allerdings müssen wir auch die Zeit bis dahin überbrücken, denn vielen Häusern steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Es braucht also eine Überbrückungshilfe von Bund und Ländern. Es wäre fatal, würde die eine oder andere Klinik vorher kapitulieren, die wir danach wieder mit viel Geld aufbauen müssten, weil sie für die Versorgung gebraucht wird", so Johna.
Das Fallpauschalensystem habe zu verheerenden Fehlentwicklungen geführt und müsse deshalb komplett abgeschafft werden. Immerhin würden die Reformvorschläge vorsehen, zumindest teilweise auf Vorhaltepauschalen umzusteigen. "Das ist enorm wichtig, nun muss der Anteil aber noch deutlich erhöht werden. Wir fordern, die gesamten patientennahen Personalkosten aus den Fallpauschalen auszugliedern", sagte die MB-Vorsitzende.
Zunächst müssten aber die wirklich belegbaren Betten in den Kliniken erfasst werden. "Bevor wir die große Krankenhausreform in Angriff nehmen, braucht es Klarheit über die Ausgangslage", sagte Johna. "Die Zahl der statistisch erfassten Betten hat mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun." Für die Versorgung Kranker brauche es Ärzte und Pflegekräfte und nicht nur ein Bettgestell plus Matratze. Eine verpflichtende Erfassung würde ihrer Einschätzung nach ergeben, dass die tatsächliche Behandlungskapazität der Häuser "um ein Fünftel unter der nackten Bettenzahl liegt".
Um die Kliniken zu entlasten, brauche es auch deutliche Verbesserungen im ambulanten Versorgungsbereich. "Bislang wird den Praxen die Behandlung zusätzlicher Patienten kaum vergütet. Ohne finanzielle Anreize wird es aber nicht gehen. Es braucht also eine Entbudgetierung im niedergelassenen Bereich, mindestens in der Grundversorgung, also bei Hausärzten, Kinder- und Jugendärzten sowie hausärztlichen Internisten", forderte Johna.