Die kommunalen Arbeitgeber verweigern den Ärztinnen und Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) einen eigenen Tarifvertrag und konterkarieren damit den im Konjunkturpaket der Bundesregierung beschlossenen „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“. „Die einzige verlässliche und dauerhaft wirksame Strategie zur Gewinnung ärztlichen Personals in den Gesundheitsämtern ist ein arztspezifischer Tarifvertrag, wie er in Krankenhäusern, im Medizinischen Dienst der Krankenkassen und anderen Bereichen des Gesundheitswesens längst gang und gäbe ist. Wer meint, mit temporären Zulagen nach Gutsherrenart Personalprobleme lösen zu können, setzt die Zukunft des ÖGD aufs Spiel und riskiert damit eine Gefährdung der Bevölkerung“, kritisierte Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes.
Entgegen einer im Mai 2019 getroffenen eindeutigen Vereinbarung mit dem Marburger Bund, die Tarifverhandlungen für die kaum mehr als 1.000 angestellten Ärztinnen und Ärzte im kommunalen Dienst außerhalb der Krankenhäuser fortzusetzen, ist die VKA wortbrüchig und lehnt weitere Gespräche ab. „In der Corona-Pandemie ist die Bedeutung der kommunalen Gesundheitsämter endlich stärker in den Vordergrund gerückt. Es ist schockierend, dass die VKA die Ärztinnen und Ärzte im ÖGD nach wie vor als lästigen Verwaltungsposten behandelt. Mit ihrer tarifpolitischen Geisterfahrt schreckt sie dringend benötigten ärztlichen Nachwuchs ab, der sich zwar für das vielfältige und verantwortungsvolle Aufgabengebiet interessiert, begreiflicherweise aber keine Gehaltseinbußen von monatlich etwa 1.500 Euro in Kauf nehmen will“, sagte Johna.
Im kommunalen ÖGD müssten die gleichen tarifvertraglichen Regelungen zur Anwendung kommen, wie sie auch in kommunalen Krankenhäusern gelten. Eine Anpassung der Arbeits- und Entgeltbedingungen aller angestellten Ärztinnen und Ärzte im ÖGD bundesweit auf das Niveau der Arzt-Tarifverträge des Marburger Bundes würde einen Bruchteil der bereits jetzt für die Verbesserung der technischen Infrastruktur des Öffentlichen Gesundheitsdienstes vorgesehenen Mittel erfordern. Die von der Politik angekündigte Stärkung des ÖGD ermögliche eine solche Anpassung. „Die finanziellen Mittel stehen zur Verfügung, es fehlt allein der Wille zur Umsetzung bei der VKA“, betonte die MB-Bundesvorsitzende.
Es liege nun auch an der Politik, den kommunalen Arbeitgebern klarzumachen, welche Verantwortung sie für die Zukunft des ÖGD tragen. Es dürfe nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. „Wenn in dieser Phase der Pandemie, die von höchster Wertschätzung für den ÖGD begleitet ist, die Tarifverhandlungen nicht zu einem erfolgreichen Ende geführt werden können, wird dies die Ärztinnen und Ärzte im ÖGD und alle, die sich für eine Tätigkeit in diesem Bereich interessieren, dauerhaft von einer solchen Tätigkeit abschrecken“, sagte Johna.