An welcher Stelle belasten Krankenhäuser die Umwelt am meisten? Wie kann man dort den Klimaschutz vorantreiben?
Jörg Focke: Der Gesundheitssektor in Deutschland verursacht einen nicht unerheblichen Teil der C02-Emissionen. Die Belastungen der Krankenhäuser für die Umwelt sind vielfältig: Energieverbrauch, Wasserverbrauch und Abfälle. Zum Teil braucht es kreative und innovative Lösungen. Häufig sind es aber auch ganz einfache Maßnahmen, wie z.B. das Ausschalten eines Computers. Auf jeden Fall brauchen, insbesondere die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, einen stärkeren Willen zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen an Krankenhäusern.
Vanessa Zink: Gerade bei Umbauten und Neubauten sollte in Solar- und Photovoltaikanlagen investiert werden, vor allem, weil die Klinikgebäude große Dachflächen haben. Abfall sollte vermieden werden und - wo er entsteht - getrennt und korrekt entsorgt bzw. recycelt werden und letztendlich liegt es auch an uns Ärztinnen und Ärzten nur die nötigen Medikamente zu verschreiben sowie - wenn möglich - auf weniger umweltschädliche Alternativen zu setzen. Ich fände auch eine Einpreisung der tatsächlichen Kosten, wie zum Beispiel der CO2-Preis, sowie Klima- und Umweltfolgekosten in den Preis von Produkten, Dienstleistungen, etc. einen gesamtgesellschaftlichen Fortschritt, da dann die momentane Auswahl nach rein ökonomischen Gesichtspunkten auch ökologische Auswirkungen beinhaltet.
Wie wichtig sind Krankenhäuser im Kampf gegen den Klimawandel?
Vanessa Zink: Krankenhäuser als „Großunternehmen“ in unserem Gesundheitssystem, welches einen großen Beitrag zum Klimawandel in Deutschland leistet, sind natürlich wichtig im Kampf gegen den Klimawandel. Aber auch Praxen und jeder einzelne von uns Ärztinnen und Ärzten kann seinen Beitrag leisten.
Jörg Focke: Krankenhäuser sind zugleich Mitverursacher, aber eben auch ein Ort der Behandlung gegen die Folgen des Klimawandels. Sie sind also ein wichtiger Teil im Kampf gegen den Klimawandel. Mindestens genauso wichtig zur Behandlung der Folgen des Klimawandels ist aber auch die ambulante Versorgung. Auch hier braucht es gute und innovative Konzepte der Zusammenarbeit.
Welche Aufgabe hat die Kammer dabei?
Jörg Focke: Im §1 Absatz 1 der Berufsordnung der LÄKH steht: „Ärztinnen und Ärzte dienen der Gesundheit des einzelne und der Bevölkerung“. Entsprechend dieses Ethos sollte die Kammer ihre Mitglieder unterstützen, Klimaprojekte und Gesundheitsführsorge in allen Bereichen der ärztlichen Tätigkeitsfelder voranzutreiben. Insbesondere sollte die LÄKH Fort- und Weiterbildungen fördern und konzeptionieren. Auch die Kammer ist ein wichtiger Teil im Kampf gegen den Klimawandel!
Vanessa Zink: Das stimmt. Ein um Klima- und Umweltwissen ergänzter Fortbildungskatalog könnte die vielen kleinen Stellschrauben vermitteln, die bereits helfen, Umwelt- und Klimabelastung und Schädigung zu verhindern: Wir Ärztinnen und Ärzte können Pulverinhalatoren statt Druckgasinhalatoren verschreiben, um Narkosegase zu meiden und - wenn unvermeidlich - zurück zu gewinnen, oder beispielsweise Patientinnen und Patienten dazu anleiten, nach dem Eincremen mit Diclofenacsalben die Hände erst mit Papiertüchern zu säubern und dann zu waschen.
Hat sich in Blick auf den Klimaschutz etwas in den letzten Jahren im Krankenhaus gewandelt? Und wenn ja, wie?
Vanessa Zink: Ich finde es bessert sich, aber nur sehr langsam. Zu langsam um die Klimaziele einzuhalten.
Jörg Focke: Dem stimme ich zu. Die Wahrnehmung sowie das Bewusstsein und der gesamtgesellschaftliche Druck sorgten in den letzten Jahren für erste kleine Schritte zum Klimaschutz in den Krankenhäusern. Viele unterschiedliche Initiativen sowie Förderprogramme sind entstanden. Aber es ist immer noch viel zu wenig passiert. Dabei sollte man nicht vergessen, dass Klimaschutzmaßnahmen auch zur Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses beitragen können.
Wofür wollen Sie sich in den kommenden fünf Jahren einsetzen? Welche Themen haben zu wenig Beachtung gefunden?
Jörg Focke: Klimaschutz und Umweltschutz ist Schutz der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung und genau dafür möchte ich mich in der Kammer einsetzen. Außerdem steht aus meiner Sicht in unserem heutigen Gesundheitssystem das Patientenwohl gegenüber einer Gewinnmaximierung. Und das darf nicht sein! Dies ist ein Thema, was noch mehr Beachtung bedarf, gerade auch um die Arbeitsbedingungen aller Ärztinnen und Ärzte zu verbessern. Hierzu zählt insbesondere auch eine gute Weiterbildung neuer Kolleginnen und Kollegen.
Vanessa Zink: Ich möchte erreichen, dass es mehr Fortbildungsmöglichkeiten für medizinisches Personal gibt und dass alle Player im Gesundheitssystem zu Basismaßnahmen von Umwelt- und Klimaschutz, wie zum Beispiel Mülltrennung, verpflichtet werden.
Warum ist berufspolitisches Engagement wichtig? Was motiviert Sie selbst dazu?
Jörg Focke: In der Tarifpolitik engagiere ich mich für bessere Arbeitsbedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen. Wichtige grundlegende Dinge wie z.B. die Weiterbildungsordnung, aber auch berufs- und gesundheitspolitische Veränderungen lassen sich jedoch nicht allein über Tarifarbeit lösen. Die berufsständische Selbstverwaltung der Landeärztekammer ist eine gute demokratische Möglichkeit hier mitzugestalten. Getreu dem Motto: „Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten“ (Albert Einstein). Aus diesem Grund engagiere ich mich in der Standes- und Berufspolitik.