Beschlüsse der 55. Hauptversammlung
Im Fokus außerdem: Tarifeinheitsgesetz, Betriebsrats- und Kammerwahlen, Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen sowie Profilschärfung in der Fläche In seinem Lage- und Tätigkeitsbericht hob der erste Vorsitzende Dr. Frank J. Reuther die Tarifpolitik als eines der bestimmenden Verbandsthemen hervor.
Tarifeinheitsgesetz
Besonders das Tarifeinheitsgesetz, getrieben von Arbeitgebern und einigen DGB-Gewerkschaften, sei nach wie vor ein Hauptthema des Verbandes. Mit seiner Entscheidung im Juli 2017 hat das Bundesverfassungsgericht zwar bestätigt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich einem Mehrheitstarifvertrag den Vorrang einräumen dürfe. Es hat aber auch angemahnt, dass die Interessen von spezifischen Berufsgruppen wie den Ärztinnen und Ärzten im Mehrheitstarifvertrag gewahrt werden müssen. Sei dies nicht der Fall, könne der Mehrheitstarifvertrag den der Minderheit nicht verdrängen.
Obwohl dies im Gesetz bisher nicht ausreichend sichergestellt sei, habe das Gericht das Gesetz aber nicht aufgehoben, sondern es weiter gelten lassen und dem Gesetzgeber aufgegeben, bis Ende 2018 nachzubessern. Für die Zwischenzeit habe das Verfassungsgericht einen Rahmen für die Auslegung durch die Arbeitsgerichte gesteckt. Man müsse nun die Regierungsbildung in den kommenden Wochen abwarten, versuchen Einfluss zu nehmen und dann sehen, was ein neuer Koalitionsvertrag bringe. Für den Marburger Bund gehe es nach wie vor darum, so der 1. Vorsitzende, die ärztlichen Belange weiterhin eigenständig vertreten zu können.
Tarifabschlüsse auf Landesebene
Im vergangenen Jahr sei dies in verschiedenen Tarifabschlüssen wieder gelungen. Auf Landesebene habe es Abschlüsse mit dem Robert-Bosch-Krankenhaus, mit den SRH Kliniken Sigmaringen, der Hohenloher Krankenhaus gGmbH, dem Zentrum für Seelische Gesundheit Mannheim sowie auch nach dem Urteil des BVerfG mit den Zentren für Psychiatrie gegeben. Gemeinsam mit dem Landesverband Bayern habe man sich mit der Schwesternschaft München vom Bayerischen Roten Kreuz e.V, erstmals auf einen Tarifvertrag geeinigt, mit dem Landesverband Thüringen habe man erneut erfolgreich mit den SRH Kliniken verhandelt.
Bei der Paracelsus-Klinik in Karlsruhe habe man dagegen noch ein Stück Arbeit vor sich. Derzeit warte man den Verlauf der Tarifverhandlungen in Schleswig-Holstein und Sachsen ab, Ziel sei ein MB-Tarifvertrag, den man jedoch nicht geschenkt bekomme.
Gut vertreten sei der Landesverband auch im Aufsichtsrat der Sana-Kliniken sowie in der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas.
Regionalkonferenzen für Betriebs- und Personalräte und Mitgliedernähe
Die auf Landesebene etablierten Regionalkonferenzen für Betriebs- und Personalräte haben dieses Jahr schon zu einer besseren Vernetzung geführt. Die Vorbereitung der im kommenden Jahr anstehenden Betriebsratswahlen hat also bereits begonnen. Die Hauptarbeit liege aber noch vor allen Beteiligten.
Auch bei den Bestrebungen, den Marburger Bund in die Fläche und damit näher zu den Mitgliedern zu bringen, seien wichtige erste Schritte gemacht. So habe der Landesverband etwa die Stelle die Beauftragten für Kliniken- und Mitgliederbetreuung geschaffen und die juristischen Sprechstunden für die Mitglieder vor Ort eingerichtet. Wolle man die anstehenden Aufgaben – im Jahr 2018 die Betriebsratswahlen, die Kammerwahlen und die Überarbeitung des Ärztlichen Tarifrechts erfolgreich bestehen, müssen diesen ersten Schritten weitere folgen, so Dr. Reuther.
Arbeitskreise
Von den im Landesverband eingerichteten Arbeitskreisen nimmt insbesondere der AK Neue Akademische Gesundheitsberufe unter der Leitung von Dr. Jürgen Kußmann im Marburger Bund insgesamt eine Vorreiterrolle ein. Auch in der Ärztekammer habe der MB profitiert, da es gelungen ist, das Thema auch dort zu platzieren und bundesweit einheitliche Voraussetzungen für die duale akademische Weiterbildung der „Physician Assistants" zu fordern.
Im Arbeitskreis Kostenpflichtige Kurse in der Weiterbildung finde unter Leitung von Carsten Mohrhardt eine sachgerechte Aufarbeitung statt, mit dem Ziel, ein fundiertes Positionspapier zu erstellen.
Als großer Erfolg des Landesverbands in der Kammer hob Dr. Reuther außerdem die kostenfreie erste Facharztprüfung hervor, die im November letzten Jahres endlich umgesetzt werden konnte.
Auch bei der Interessenvertretung der ambulant angestellten Ärztinnen und Ärzte ist der MB Baden-Württemberg gut aufgestellt. Hierfür dankte Dr. Reuther insbesondere Dr. Kristina Zimmermann, die in den beratenden Fachausschüssen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene eine sehr gute Rolle spielt.
Studentische Mitglieder
Durch zahlreiche Sponsoring-Aktivitäten und Intensivierung der Kontakte zu den jeweiligen Fachschaften an den Universitäten in Baden-Württemberg konnten auch die studentischen Mitglieder intensiver in die Verbandsarbeit eingebunden werden. Weitere Schritte hinsichtlich der satzungsgemäßen Festschreibung der Beteiligung der studentischen Mitglieder werden noch diskutiert. Wichtiges Thema werden zusätzlich die PJ-Bedingungen sein.
Bestimmendes Thema: Arbeitsbelastungen
Weiterer Schwerpunkt der Verbandsarbeit werden die Arbeitsbelastungen der Mitglieder in den Kliniken sein. Hier sei auch eine Intensivierung der Kontakte zur Politik gefragt. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden. „Uns war z.B. nicht klar", so Dr. Reuther, „dass die Gewerbeaufsichtsämter aufgrund mangelnder Personalkapazitäten keine Prüfungen ohne Anlass, sprich ohne Anzeige, vornehmen". Dann würden sie vornehmlich beratend tätig. Erst wenn das keinen Erfolg zeige, würden auch Bußgelder verhängt. Der Landesverband strebe daher an, die Arbeitszeit im Krankenhaus erneut zu einem Schwerpunktthema der Gewerbeaufsicht zu machen.
Neben dieser Forderung nach Einhaltung der tarifvertraglichen Vereinbarungen gehe es für den Marburger Bund auch darum, die jungen Kolleginnen und Kollegen zu mobilisieren, sich für ihre Rechte - vor allem vor Ort - einzusetzen und sie als MB dabei zu unterstützen.
Zwei grundlegende Urteile
So erzielte der Landesverband in diesem Jahr zwei große Erfolge vor dem Bundesarbeitsgericht: Im Juni erging ein Urteil zur inhaltlich und zeitlich strukturierten Weiterbildung als Voraussetzung für eine wirksame Befristung nach dem Ärztearbeitsvertragsgesetz (ÄArbVtrg). Im September konnte ein positives Urteil zur Einbeziehung der Vergütung für Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft in die Entgeltfortzahlung bei Krankheit erzielt werden.
Startschuss zur neuen Mitgliederkampagne des Landesverbands Baden-Württemberg
Die Vielfalt der anstehenden Themen zeige, so Dr. Reuther, dass umfangreiche und große Herausforderungen auf den Landesverband warten. Deshalb sei es wichtig, sich weiterhin mit „Herzblut" zu engagieren und weitere Mitglieder zu gewinnen, um sich für die ärztlichen Interessen einzusetzen und zu kämpfen. Schlusspunkt seines Berichtes war der sinnbildliche ‚Startschuss' zur neuen Mitgliederkampagne „Engagement, das uns stark macht!", denn „wer von den Leistungen des Landesverbands Baden-Württemberg überzeugt ist, kann andere am besten überzeugen!", so Dr. Reuther.