• Corona-Pandemie: Marburger Bund Baden-Württemberg fordert notwendige Reformen des Gesundheitssystems

    Pressemitteilung
    31.Juli 2020
    Die Corona-Krise hat ganz Deutschland in einen beispiellosen Ausnahmezustand versetzt. In Deutschland ist es bislang zwar gelungen, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Gleichzeitig hat uns die Pandemie aber die in Fachkreisen seit Langem bekannten und bereits vielfach kritisierten Systemfehler unseres Gesundheitssystems nochmals deutlich vor Augen geführt. Der Marburger Bund Baden-Württemberg fordert deswegen seit Langem notwendige Reformen.

    Nicht nur zu Beginn der Pandemie herrschte an den Krankenhäusern ein massiver Mangel an Schutzausrüstung und Medikamenten. Deshalb postuliert Dr. Frank J. Reuther, Landesvorsitzender des Marburger Bundes Baden-Württemberg, eine künftig krisenfeste Beschaffung dieser Materialien: „Der Gesundheitsschutz derjenigen, die die Leben anderer zu retten versuchen, ist eine ebenso unabdingbare Voraussetzung für die ärztliche Tätigkeit, wie die Verfügbarkeit von bekannten Medikamenten für die Patientinnen und Patienten. Um künftig Lieferengpässe zu vermeiden und eine krisenfeste Beschaffung zu gewährleisten, muss eine Eigenproduktion von Schutzausrüstung und Medikamenten in Europa forciert werden.“

    Die beste Materialversorgung nützt aber nichts, wenn nicht gleichzeitig der Personalmangel im ärztlichen Bereich behoben wird. „In der Hochphase der Pandemie haben die intensivmedizinisch tätigen Ärztinnen und Ärzte – durch ein weit über das erwartbare Maß hinausgehendes persönliches Engagement – ein Arbeitspensum bewältigt, für das eigentlich deutlich mehr Personal notwendig gewesen wäre. Grund für die seit Langem unbesetzten Stellen im ärztlichen Dienst und auch in der Pflege, sind in erster Linie die schlechten Arbeitsbedingungen in den Kliniken“, erläutert Sylvia Ottmüller, zweite Vorsitzende des Landesverbandes. Nur wenn diese mittelfristig verbessert werden, kann dieser Personalmangel beseitigt werden. Dazu ist es auch notwendig, die tarifvertraglichen und gesetzlichen Regelungen einzuhalten.

    Eine ähnliche Problematik zeigt sich beim Öffentlichen Gesundheitsdienst. Denn die kommunalen Gesundheitsämter verfügen über deutlich zu wenig Personal. Das von Bund und Ländern geplante Förderpaket „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD)“ ist begrüßenswert, da es unter anderem eine personelle Aufstockung des ÖGD vorsieht. „Dies allein wird jedoch nicht ausreichen, denn das maßgebliche Problem beim ÖGD besteht in den offenen Stellen, die nicht besetzt werden können. Um die Amtsarzttätigkeit langfristig attraktiver zu gestalten, bedarf es eines eigenen Tarifvertrags für die Ärztinnen und Ärzte im ÖGD“, so Dr. Frank J. Reuther.

    Reformbedarf besteht außerdem bei der Krankenhausfinanzierung und -planung. Das derzeit angewandte DRG-System, bei dem stationäre Behandlungen weitestgehend über Fallpauschalen abgerechnet werden, führt zu einem erheblichen wirtschaftlichen Druck in den Kliniken. „In den Krankenhäusern müssen medizinische Erwägungen wieder Vorfahrt vor ökonomischen Prinzipien haben. Dazu gehört im Rahmen der Daseinsvorsorge auch die auskömmliche Finanzierung von reinen Vorhaltekosten, wie z. B. nicht ständig benötigten Intensivbetten, anstatt nur der Vergütung von in DRGs abbildbaren Leistungen. Der infrastrukturelle Investitionsstau, insbesondere bei der Digitalisierung der Klinken und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, muss behoben werden. Das Land muss dazu seinen Verpflichtungen nachkommen und die Investitionskosten, wie gesetzlich vorgeschrieben, vollumfänglich übernehmen“, so Sylvia Ottmüller. Der Marburger Bund Baden-Württemberg fordert zudem eine breiter geführte Debatte über eine aktive Krankenhausplanung, in die auch die Beschäftigten und Gewerkschaften einbezogen werden. Ziel muss dabei sein, eine standortnahe Versorgung mit einer ausreichenden Bettenanzahl sicherzustellen.

    Nicht zuletzt fühlten sich viele Krankenhausärztinnen und -ärzte in der Hochphase der Pandemie schlecht informiert. „Die Krisen-Kommunikation in den Kliniken muss verbessert werden. Es gilt klare und strukturierte Kommunikationswege zur Information aller Beteiligten zu etablieren, nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen den Sektoren ambulant und stationär“, fordert Dr. Frank J. Reuther.

     

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    Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    katherina.georg@marburger-bund-bw.de
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    Das Positionspapier des Marburger Bundes Baden-Württemberg „Die Corona-Pandemie als Mahnung – Systemfehler des Gesundheitswesens jetzt beseitigen“
    steht hier zum Download bereit: