Eine Forschergruppe der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie des Universitätsklinikums Leipzig analysiert unter Leitung von Prof. Sven Bercker aktuell anhand der Daten der Mitgliederumfrage die damalige Versorgungssituation in Sachsen.
„Wir schauen zum einen nach bestimmten Mustern. Gibt es zum Beispiel ähnliche Herausforderungen in Kliniken vergleichbarer Größe oder häuserübergreifend in bestimmten Fachabteilungen?“, stellt Hannes-Caspar Petzold, Arzt in der Weiterbildung und einer der Studienautoren, einen Aspekt der Auswertung vor. Er plant, auch eine weitere Dimension der Situation der Ärztinnen und Ärzte darstellen zu können: „Wir wollen mithilfe einer speziellen Software und der Unterstützung weiterer Fachrichtungen messen, in welcher Stimmungslage die Texte verfasst wurden – und daraus Rückschlüsse auf die damalige Belastungssituation ziehen.“ Möglicherweise bilden die so gewonnenen Erkenntnisse auch die Grundlage für weitere Analysen. Der MB Sachsen wird die Auswertung in sein Engagement für bessere Arbeitsbedingungen sächsischer Ärztinnen und Ärzte integrieren.
Studie „SAX PRIO“ des Uniklinikums Leipzig
MB-Mitglied Petzold ist auch federführend an der Studie „SAX PRIO“ des Uniklinikums Leipzig beteiligt. Dabei handelt es sich um eine praxis- und versorgungsnahe Befragung klinisch tätiger Ärztinnen und Ärzte in Sachsen zu Priorisierungsprozessen während der vierten Corona-Welle. „Uns hat die Perspektive derjenigen interessiert,
die eng in die Patientenversorgung eingebunden sind – deshalb haben wir uns entschlossen, den Fragebogen für diese Studie über den Marburger Bund Sachsen zu verbreiten. Schließlich sind die MB-Mitglieder größtenteils klinisch tätige Krankenhausärztinnen und -ärzte.“
Rund 4.000 Mitglieder des MB Sachsen wurden vom Verband im Dezember 2021 und im Februar zur Online-Befragung „SAX PRIO“ eingeladen. Über ein TAN-Verfahren konnte ausgeschlossen werden, dass der Fragebogen von anderen Personen beantwortet wird. „Der MB Sachsen unterstützt die Studie, da wir uns von den Ergebnissen erhoffen, dass die Situation der sächsischen Ärztinnen und Ärzte in der Pandemie stärker in den gesellschaftlichen Diskurs einfließt und Veränderungen der Versorgung unter Knappheitsbedingungen objektiviert werden können“, erklärt MB-Landeschef Torsten Lippold.
Insgesamt 165 Ärzte haben sich bis zu 15 Minuten Zeit für den umfangreichen Fragebogen genommen. Anonymisiert abgefragt wurden Behandlungs- und Verlegungspraktiken während der vierten COVID-19-Welle sowie persönliche Werte und Überzeugungen der Befragten. Eine erste Zwischenauswertung von SAX PRIO gibt Hinweise da rauf, dass sich die von den Ärztinnen und Ärzten wahrgenommene Versorgungsqualität während der vierten COVID-19-Welle in Sachsen fächer- und häuserübergreifend verschlechterte, dass die Mehrheit der Befragten während der vierten COVID-19-Welle Schwierigkeiten bei der (Weiter-)Verlegung von Patientinnen und Patienten zu lösen hatte und häufig ein Missverhältnis zwischen eigenem Anspruch an die Arbeit und den unter Knappheitsbedingungen dafür zur Verfügung stehenden Strukturen und Mitteln erlebt wurde.
Gravierende Auswirkungen
„Bei der Auswertung sehen wir uns trotz der verhältnismäßig kleinen Stichprobe mit zahlreichen Schilderungen gravierender Auswirkungen der damals begrenzten Kapazitäten auf die Patientensicherheit konfrontiert“, gibt Petzold einen ersten Einblick. Die Auswertung des Fragebogens soll in den kommenden Monaten in eine wissenschaftliche Publikation münden. Der MB Sachsen informiert dann an dieser Stelle entsprechend.