Vor diesem Hintergrund wirkt die Klärung von arbeitsrechtlichen Fragen nicht prioritär. Dennoch versuchen wir mit diesen FAQs, Fragen, die uns in der Beratung in diesem Zusammenhang begegnen, kurz zu erörtern. Im Einzelfall möchten wir Sie bitten, die Juristen Ihres jeweiligen Landesverbandes zu konsultieren, damit Ihnen bei Ihrem konkreten Anliegen schnell und effektiv weitergeholfen werden kann.
Allgemeine rechtliche Fragen zur Corona-Pandemie sind in den vergangenen Tagen in den Medien vielfach schon beleuchtet worden. Gerne helfen wir Ihnen auch zu diesen allgemeinen Fragen weiter. Mit unseren FAQs wollten wir aber einen anderen Schwerpunkt legen und haben uns entschieden, die konkreten Situationen, die Sie als Arzt im Krankenhaus oder in der Arztpraxis im Verlauf der Pandemie erleben könnten, zu klären.
Wir können uns natürlich nur mit der arbeitsrechtlichen Dimension vorbehaltlich weitergehender Maßnahmen der Bundesregierung und Landesregierungen in einem eventuellen gesetzlichen Katastrophenfall beschäftigen. Der Erlass weiterer Maßnahmen kann zu einer anderen Bewertung der Fragestellungen führen. Diese FAQs sind daher vorbehaltlich der weiteren gesetzlichen und politischen Entwicklungen zu verstehen. Wir werden uns bemühen, die FAQs entsprechend den aktuellen Entwicklungen und Fragestellungen anzupassen und aktuell zu halten.
Im Einzelfall wenden Sie sich bitte an unsere Juristen, damit Ihnen bei Ihrem konkreten Anliegen unter Prüfung der möglichen Handlungsoptionen schnell und effektiv weitergeholfen werden kann.
Grundsätzlich besteht eine Arbeitspflicht. Erst in einer konkreten Gefährdungssituation kann sich eine andere Bewertung ergeben, das allgemeine Ansteckungsrisiko reicht derzeit nicht dafür aus.
Der Arbeitgeber hat allerdings bei chronisch erkrankten Beschäftigten eine gesteigerte Fürsorgepflicht und muss unter Umständen besondere Vorkehrungen schaffen. Ist die Erbringung der Arbeitsleistung aus persönlichen Gründen unzumutbar, besteht für den Arbeitnehmer u.U. ein Leistungsverweigerungsrecht, welches dem Arbeitgeber angezeigt werden muss. Auch dies muss im Einzelfall entschieden werden (näher dazu Frage 20).
Grundsätzlich kann einmal genehmigter Urlaub nicht mehr widerrufen werden. Der Arbeitgeber kann aber in Notfällen hierzu berechtigt sein, wenn zwingende Notwendigkeiten vorliegen, z.B. unvorhergesehene Ereignisse, welche einen anderen Ausweg nicht zulassen (BAG, Urteil vom 19.12.1991 – 2 AZR 367/91). Die drohende Personalknappheit in den Krankenhäusern aufgrund der zu erwartenden Anzahl an schwer erkrankten Patienten einerseits und krankheitsbedingten Ausfällen beim Personal andererseits dürfte zumindest in den meisten Fällen ein solcher Ausnahme- bzw. Katastrophenfall sein.
Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber sowohl Beschäftigte aus dem Urlaub wird zurückholen dürfen als auch Urlaubswünsche für die nächste Zeit ablehnen kann. Im Rückholungsfall ist der Arbeitgeber allerdings verpflichtet, die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen.
Ein einmal genehmigter Urlaub kann nicht einseitig vom Arbeitnehmer zurückgegeben werden. Es ist dazu die Zustimmung des Arbeitgebers notwendig. Ob der Urlaub bereits genehmigt ist, richtet sich nach der betriebsüblichen Praxis. Sollte es sich lediglich um Urlaubswünsche handeln, können diese korrigiert werden.
Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, so sind nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) bei Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die ausgefallenen Urlaubstage dem Arbeitnehmer wieder gut zu schreiben.
Ungeklärt ist die Frage, ob genehmigter Urlaub dann zurückgegeben werden kann, wenn es aufgrund einer behördlichen Anordnung zu einer Verdachtsquarantäne kommt. Die Regelung des § 9 BUrlG, nach der Urlaub bei einer Erkrankung nicht angerechnet wird, ist grundsätzlich nur anwendbar, wenn es sich um eine eigene Erkrankung handelt. Auf der anderen Seite ist der Erholungswert als Zweck des Urlaubs in Quarantäne nicht erreichbar, weshalb sich die Frage stellt, ob der Arbeitgeber dann den Urlaub wieder gutschreiben muss. Ob der Arbeitgeber das Risiko einer Quarantäne des Arbeitnehmers durch die Gutschrift des Urlaubs übernehmen muss, ist gerichtlich nicht geklärt und bleibt abzuwarten.
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer bei dringenden betrieblichen Erfordernissen trotz Erteilung eines Freizeitausgleiches zur Arbeit auffordern. Grundsätzlich muss dies mit einer angemessenen Vorlaufzeit passieren. Ein kurzfristigeres „Holen aus dem Frei“ kann im Katastrophenfall gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus seiner besonderen Treuepflicht dem Arbeitgeber gegenüber auch zu einem kurzfristigen Einsatz verpflichtet ist. Je nach Entwicklung der Situation in den Kliniken wird daher der Katastrophenfall dazu führen, dass einmal genehmigter Freizeitausgleich zurückgenommen werden kann bzw. ein „Holen aus dem Frei“ möglich sein wird. Auch dies muss im Einzelfall entschieden werden. Insbesondere im Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Kliniken (TV-Ärzte/VKA) sind finanzielle Kompensationen für kurzfristige Inanspruchnahmen und nachträgliche Dienstplanänderungen vorgesehen. Für den Fall, dass der Arbeitgeber in der momentanen Situation diese Regeln nicht berücksichtigt, sollten daher etwaige kurzfristige Inanspruchnahmen -ebenso wie etwaige Mehrarbeit oder Überstunden- durch den einzelnen Arzt dokumentiert werden, um sie gegebenenfalls später geltend zu machen.
Der Arbeitgeber hat weder eine Ablehnungsmöglichkeit der Elternzeit noch die Möglichkeit, Eltern einseitig aus der Elternzeit wieder zurückzuholen. Das Arbeitsverhältnis und damit die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis ruhen während der Elternzeit.
Weiterhin kann ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Elternzeit bei Antragsstellung auch nicht verweigern und z.B. betriebsbedingte Gründe anführen. Elternzeit ist also ein arbeitnehmerseitiges Gestaltungsrecht. Eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit auf Wunsch des Arbeitnehmers ist von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig, was in Zeiten von Corona jedoch kein Problem darstellen dürfte. Jede Änderung im Hinblick auf eine vereinbarte Elternzeit kann allerdings auch Folgen nach dem Bundeselternzeit- und Elterngeldgesetz (BEEG) haben und sollte daher unbedingt auch mit der Elterngeldstelle geklärt werden.
Grundsätzlich fällt die Kinderbetreuung in die Risikosphäre des Arbeitnehmers. In der im Moment vorliegenden besonderen Situation kann im Einzelfall ein Freistellungsanspruch vorliegen, wenn die Kinderbetreuung trotz aller Bemühungen nicht sichergestellt werden kann. Ob für diesen Fall ein Vergütungsanspruch besteht, hängt von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung ab. Dies wird allerdings von der individuellen Situation abhängen, wie z.B. bei Alleinerziehenden oder wenn beide Elternteile in systemrelevanten Bereichen unabdingbar sind, eine Notfallbetreuung aber möglich ist. Hier ist immer eine Einzelfallentscheidung erforderlich.
Auch, ob eine Notfallbetreuung in Anspruch genommen werden muss, ist im Einzelfall zu entscheiden. Wir empfehlen, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
Für Beschäftigte im Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA: Hier sind die Möglichkeiten zur Entgeltfortzahlung bei Arbeitsbefreiung wegen Kinderbetreuung ausgeweitet worden. Informieren Sie sich in Ihrer Klinik und bei Ihrem Landesverband.
Mit Inkrafttreten des neuen § 56 Infektionsschutzgesetz am 30.03.2020 erhalten Eltern nach § 56 Abs. 1a eine Entschädigung in Geld, wenn
- die Schule bzw. die KiTa auf Anordnung der zuständigen Behörde geschlossen wird
- das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder
das Kind behindert ist und auf Hilfe angewiesen ist
- keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit (z.B. Abbau von Überstunden, Homeoffice) besteht. Eine Betreuung durch die Großeltern oder durch Personen einer Risikogruppe ist keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit.
- dadurch einen Verdienstausfall entsteht.
Die fehlende Betreuungsmöglichkeit ist gegenüber der Behörde und ggf. auch gegenüber dem Arbeitgeber nachzuweisen.
Inwieweit eine Notfallbetreuung für Kinder mit Eltern in systemrelevanten Berufen eine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit darstellt, hängt wiederum von der Entscheidung im Einzelfall ab, unter anderem auch davon, ob die Inanspruchnahme der Notfallbetreuung für das Kind zumutbar ist.
Nach § 56 Abs. 2 InfSchG erhalten Eltern als Entschädigung 67 % des Verdienstausfalls, begrenzt auf einen Höchstbetrag von 2016 € für einen vollen Monat. Die Entschädigung wird für mittlerweile bis zu zehn Wochen pro Elternteil gezahlt, bei Alleinerziehenden bis zu zwanzig Wochen gezahlt. Für Zeiten von Schulferien wird keine Entschädigung gewährt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
Das Kündigungsrecht ist ein einseitiges Gestaltungsrecht und kann rechtlich nicht verweigert werden. Unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist kann daher jederzeit gekündigt werden.
Auf freiwilliger Basis können auch Studierende das Gesundheitssystem unterstützen. Sie müssen jedoch gemäß ihrem jeweiligen Kenntnis- und Ausbildungsstand eingesetzt beziehungsweise geschult werden. Vorhandene Ausbildungen sind hierbei zu berücksichtigen. Ein Medizinstudierender kann und darf keine examinierten Krankenpfleger oder approbierten Ärzte ersetzen, jedoch ist eine Entlastung dieser bei diversen Tätigkeiten denkbar.
Studierende sollten sich bei der Einrichtung, in der sie eingesetzt werden, erkundigen, ob eine ausreichende Betriebshaftpflicht oder vergleichbare kommunale Lösung besteht und ob diese auch die Tätigkeiten umfasst, für die der oder die Studierende während der „epidemischen Notlage“ eingesetzt wird. Die entsprechende Zusage sollten sie sich schriftlich bestätigen lassen.
Unabhängig hiervon bietet auch hier die Berufshaftpflichtversicherung der DÄV, die der Marburger Bund bei einer Mitgliedschaft Studierenden beitragsfrei anbietet, neben dem „normalen“ allgemeinen Versicherungsschutz eine Sonderabsicherung für die Einsätze in der Patientenversorgung während der Corona-Krise. Dieser Schutz umfasst alle unterstützenden Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 im Gesundheitssektor.
Weitere Informationen zur Mitarbeit in der Pandemie für Studierende sind hier zu finden.
Freiwillig können sich Ärztinnen und Ärzte jenseits des Renteneintrittsalters wieder von den Krankenhäusern als Arbeitnehmer, z.B. im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses, anstellen lassen. Eine Verpflichtung besteht nicht. Bitte informieren Sie sich unbedingt vor Arbeitsaufnahme bei Ihrem zuständigen Versorgungswerk und Ihrer Krankenversicherung.
Dies ist gegen den Willen des Arztes aufgrund des arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruchs grundsätzlich nicht ohne weiteres zulässig, §§ 611, 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Wenn der Arzt aufgrund der arbeitgeberseitigen Anweisung, der Arbeit fernzubleiben, nicht auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit kommt, behält er dennoch seinen ungekürzten Entgeltanspruch. Denn der Arbeitgeber findet sich im Annahmeverzug, § 615 S. 1 BGB.
Es kann allerdings sein, dass der Arbeitgeber für die „Freistellung“ ein schützenswertes Suspendierungsinteresse hat. Dieses ist z.B. dann gegeben, wenn bei dem Arzt ein konkreter Verdacht auf Infizierung mit dem Coronavirus vorliegt (näher dazu Frage 12.).
Siehe Antwort 10. Ohne ausdrückliche Vereinbarung dürfen weder Überstunden abgebaut bzw. Zwangsurlaub angeordnet werden. Es bleibt dabei, dass der Arbeitgeber das Entgelt aufgrund seines Annahmeverzuges (§ 615 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) weiterzahlen muss. Eine Verrechnung mit Überstunden bzw. Urlaubstagen bedarf einer ausdrücklichen Vereinbarung mit dem Arzt. Eine solche Vereinbarung findet sich in den meisten Tarifverträgen, kann unter Umständen auch im Arbeitsvertrag sowie in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen enthalten sein. Erkundigen Sie sich dazu auch bei Ihrem Betriebsrat, ob es hierzu – möglicherweise auch auf die aktuelle Situation bezogene – kurzfristige (Betriebs-)Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber gegeben hat. Auch hier gilt: Halten Sie im Zweifelsfall Rücksprache mit den Juristen Ihres Landesverbandes.
Um Minusstunden anordnen zu können, braucht der Arbeitgeber eine Rechtsgrundlage.
Grundsätzlich kann dies eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag sein, z.B. wenn dort die Arbeitszeit als durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit geregelt ist. Festgelegt muss in diesem Fall auch sein, innerhalb welches Ausgleichszeitraums die vereinbarte Arbeitszeit erreicht sein muss. Ggf. besteht dann die Möglichkeit, innerhalb des festgelegten Ausgleichszeitraums die Arbeitszeit nach den Bedürfnissen des Arbeitgebers zu verteilen. Das Gehalt wird aber auch in diesem Fall gleichmäßig weitergezahlt. Schafft der Arbeitgeber es nicht, die Minusstunden innerhalb des vereinbarten Ausgleichszeitraums durch Anordnung von Mehrarbeit wieder auszugleichen, ist er nicht befugt, evtl. verbliebene Minusstunden vom Gehalt abzuziehen.
Als Rechtsgrundlage kann auch ein auf das Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag dienen, wenn dieser eine durchschnittliche Arbeitszeit mit Ausgleichszeitraum vorsieht. Manche Tarifverträge ermöglichen auch die Einführung von Arbeitszeitkonten. In gleicher Weise können Betriebsvereinbarungen mit der Mitarbeitervertretung können die Anordnung von Minusstunden vorsehen, wenn dem kein Tarifvertrag entgegensteht oder dieser die Regelung durch Betriebsvereinbarung zulässt.
Gemeinsam ist allen Rechtsgrundlagen, dass sie, wenn sie zur Anordnung von Minusstunden berechtigen sollen, explizit die Zulässigkeit des Entstehens von Minusstunden regeln müssen.
Die Anordnung von Zwangsurlaub ist auch hier nicht denkbar. Eine Anordnung von Freizeitausgleich hängt von der arbeitsvertraglichen Ausgestaltung ab. Eine Anordnung von Freizeitausgleich dürfte dann nicht möglich sein, wenn damit das wirtschaftliche Risiko des Arbeitgebers auf seinen Arbeitnehmer abgewälzt werden soll. Im Zweifel werden die Arbeitsgerichte diese Frage entscheiden müssen.
Eine Anordnung von Betriebsferien ist ohne angemessene Vorankündigungszeit nicht möglich. In Betrieben mit Arbeitnehmervertretung bedarf es zudem einer Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung. Es müssen genügend Resturlaubstage zur Verfügung bleiben, der gesamte Jahresurlaub muss nicht eingesetzt werden.
Alternative 1: Es handelt sich um einen begründeten Verdacht oder eine bestehende Infektion:
Hat der Arbeitgeber den begründeten Verdacht, dass der Arbeitnehmer an Corona erkrankt ist, darf er zum Schutz des Betroffenen, der restlichen Belegschaft und der Patienten diesen aufgrund seiner Fürsorgepflicht zur Genesung nach Hause schicken. In diesem Fall besteht zunächst ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen. In arbeitsvertraglichen bzw. tariflichen Vorschriften kann auch ein längerer Zeitraum vereinbart sein.
Alternative 2: Es handelt sich um einen unbegründeten Verdacht:
Hat der Arbeitgeber keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitnehmer krank sein könnte und schickt er diesen trotzdem nach Hause, so muss der Arbeitgeber weiterhin das unverminderte Gehalt zahlen. Denn er befindet sich in Annahmeverzug, wenn der Arzt arbeitsfähig und arbeitsbereit ist und alleine aufgrund der Anordnung des Arbeitgebers nicht der Arbeitspflicht nachkommen kann, § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Das hängt vom Einzelfall ab. Nach den Empfehlungen des RKI (Stand 18.03.2020) muss man bei Aufenthalt in Risikogebieten nicht mehr in Quarantäne. Im Einzelfall kann sich jedoch u. a. auch aufgrund von Erlassen oder Allgemeinverfügungen einzelner Länder oder Kommunen eine andere Bewertung ergeben. Auch im Hinblick auf die nebenvertragliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers kann eine Freistellung von der Arbeit durchaus geboten sein. In diesem Fall ist es nicht zulässig, Urlaub anzuordnen bzw. Überstunden abbauen zu lassen.
§ 56 Infektionsschutzgesetz gewährt im Fall einer behördlich angeordneten Betriebsschließung einen Anspruch gegenüber der zuständigen Behörde auf sog. Verdienstausfallentschädigung für jene Arbeitnehmer, die als „Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern“ von der Behörde mit einem beruflichen Tätigkeitsverbot belegt wurden. Danach erhalten die von der Quarantäne betroffenen Arbeitnehmer für sechs Wochen eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls vom Arbeitgeber ausgezahlt. Der Arbeitgeber kann sich den gezahlten Verdienstausfall von der Behörde erstatten lassen. Ab der siebten Woche zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter.
Personen, die unter amtlich angeordneter Quarantäne stehen oder dem sog. beruflichen Beschäftigungsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz unterliegen, sind von ihrer Arbeitsverpflichtung befreit. Gemäß § 616 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss der Arbeitgeber weiterhin die Vergütung an seine Beschäftigten zahlen, wenn diese für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der eigenen Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert sind. § 616 BGB ist allerdings in vielen Fällen entweder durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. In diesem Fall greift der Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat nach § 56 Abs. 1 IfSG. Der Beschäftigte erhält demnach sein Gehalt (Nettolohn) für sechs Wochen weiter vom Arbeitgeber, der dieses wiederum von der Behörde erstattet bekommt. Ab der siebten Woche zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter.
Ansprüche können auch zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden. Jedoch muss der Arbeitnehmer im Streitfall auch dann noch in der Lage sein, die einzelnen - u.U. rechtswidrigen - Anweisungen des Arbeitgebers beweisen zu können.
Falls der Arbeitgeber z.B. ohne entsprechende Vereinbarung Überstunden verrechnet oder Urlaubstage abgezogen hat, so empfiehlt sich, bereits zum Zeitpunkt der gegebenenfalls rechtswidrigen Anordnung von Urlaub oder von Überstundenabbau diesem Vorgehen vorsorglich schriftlich und nachweisbar zu widersprechen und sich die Geltendmachung der entsprechenden Rechte zu einem späteren Zeitpunkt vorzubehalten.
Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer sich im Rahmen von eventuell geltenden Ausschlussfristen gegen dieses Vorgehen wehren und Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber in Textform (E-Mail und Fax sind ausreichend) fristgerecht geltend machen. Ausschlussfristen sehen regelmäßig eine Frist von drei bzw. sechs Monaten zur Geltendmachung vor. Bitte prüfen Sie nach, ob bzw. welche Frist für Sie maßgeblich ist.
Im Rahmen der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht sowie der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben muss der Arbeitgeber alles dafür tun, damit Angestellte ihre Arbeit gefahrlos erledigen können.
Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, anhand einer Gefährdungsbeurteilung die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundene Gefährdung für jeden Arbeitsplatz zu ermitteln und festzustellen, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Diese Pflicht gilt auch für die Arbeit mit Biostoffen wie Viren. Sind Gefahrenpotentiale festgestellt, muss der Arbeitgeber alle möglichen und zumutbaren technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen ergreifen, wie z.B. die Abtrennung von Arbeitsbereichen oder das Bereitstellen von geeigneter Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln, aber ggf. auch die Freistellung von aus Risikogebieten zurückkehrenden Arbeitnehmern.
Sowohl das RKI als auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) empfehlen, dass den Beschäftigten neben ausreichend Kitteln, Handschuhen, einer Schutzbrille, partikelfiltrierende Halbmasken mindestens der Klasse FFP2 oder FFP3 (z.B. für Tätigkeiten an Patienten, die stark husten oder zum Husten provoziert werden) in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen stellen.
Nach § 17 Abs. 2 ArbSchG können sich Arbeitnehmer an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden, wenn sie der Auffassung sind, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen und einer darauf gerichteten Beschwerde an den Arbeitgeber nicht abgeholfen wurde. Wir empfehlen vorher Rücksprache mit den Juristen in unseren Landesgeschäftsstellen zu halten.
In besonderen Ausnahmefällen ist es denkbar, die Erbringung der Arbeitsleistung nach § 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu verweigern, wenn die konkrete Gefährdungssituation die Arbeitsleistung unzumutbar macht. Dabei ist allerdings immer eine rechtliche Abwägung im Einzelfall erforderlich. Das Ergebnis einer solchen Abwägung sieht beim Arbeitgeber oft anders aus als beim Arbeitnehmer. Das Risiko, ob nach rechtlichen Maßstäben tatsächlich ein sog. Leistungsverweigerungsrecht vorliegt, trägt der Arbeitnehmer.
Beispiel:
Der Arbeitgeber kann nicht in ausreichendem Maß Schutzkleidung und/oder Schutzmasken zur Verfügung stellen, so dass insbesondere Schutzmasken länger verwendet bzw. wiederverwendet werden müssen. Die Frage, ob dieser Umstand bereits unzumutbare Arbeitsbedingungen darstellt müssen im Streitfall die Gerichte klären. Maßgeblich sind dabei die medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnisse, die zu dem Zeitpunkt für den jeweiligen Arbeitsbereich gegolten haben, in denen sich der Arbeitnehmer auf ein Leistungsverweigerungsrecht beruft. Die Gerichte orientieren sich daher an den verfügbaren Aussagen von Sachverständigen. In der Corona-Pandemie werden wohl insbesondere die Empfehlungen des RKI einen Sachverständigenstatus einnehmen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt spricht sich das RKI ausdrücklich nicht gegen eine längere Verwendung bzw. Wiederverwendung von Schutzmasken aus. Es ist also davon auszugehen, dass dem Arbeitnehmer kein Leistungsverweigerungsrecht zugestanden werden würde. Bevor ein derartiger Schritt ernsthaft erwogen wird, sollte der Einzelfall unbedingt vorab rechtlich eingehend geprüft werden.
Das Bundesgesundheits- und Bundesarbeitsministerium haben sich zudem auf ein Vorgehen bei der Wiederaufarbeitung der Schutzmasken geeinigt:
Im Falle des Kontaktes mit einem positiv getesteten Patienten kommt es nach den aktuellen Empfehlungen des RKI zunächst darauf an, wie lange und wie eng der Kontakt war. Zudem hängt die konkrete Handlungsempfehlung davon ab, ob es einen akuten Personalmangel gibt oder nicht. Hintergrund ist zum einen, dass das Infektionsrisiko reduziert werden soll, es aber auch nicht zu einem akuten Mangel an medizinischem Personal kommen darf. Das RKI stellt selbst klar, dass dies nur Empfehlungen sind und es Anpassungen vor Ort geben kann, die aber mit dem Gesundheitsamt abgesprochen werden sollten. Sollten Sie daher einen direkten Kontakt gehabt haben, sollte dies sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Gesundheitsamt umgehend mitgeteilt werden. Die Handlungsempfehlungen des RKI für Kontaktpersonen bei medizinischem Personal finden Sie hier:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/HCW.html
Die Empfehlungen des RKI sind zwar rechtlich nicht bindend, es ist aber davon auszugehen, dass die Praxis sich ausschließlich an diesen orientiert. Dennoch bedeutet dies nicht, dass der Eigenschutz auch bei Personalknappheit damit ausgehebelt ist. Insbesondere, wenn man als medizinische Personal zur Risikogruppe gehört, sollte der Einsatz in der direkten Patientenversorgung vermieden werden.
Nein. Grundsätzlich ist es zwar richtig, dass weder Arbeitgeber noch die Kollegen das Recht haben, den Grund einer Erkrankung zu erfahren; allerdings muss in Fällen der Infektionsgefährdung dieses Recht der informationellen Selbstbestimmung hinter das Schutzinteresse von Kollegen und Patienten zurückstehen. Die Veröffentlichung der Erkrankung dient berechtigten Zwecken und ist damit in aller Regel rechtmäßig.
Die §§ 3 ff. Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regeln zwingende Höchstgrenzen, von denen nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann. Das ArbZG geht von einer Sechs-Tage-Woche aus, in der werktäglich 8 Arbeitsstunden geleistet werden dürfen. Die wöchentliche maximale Anzahl liegt daher grundsätzlich bei 48 Stunden.
Eine Erhöhung auf 10 Arbeitsstunden werktäglich ist nur möglich, wenn die zusätzlich angefallenen Arbeitsstunden innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen ausgeglichen werden. Mit sog. Opt-Out-Regelungen kann diese Stundenanzahl auf freiwilliger Basis auch über 48 Stunden erhöht werden. Mindestens dieses zusätzliche Stundenkontingent darf allerdings nur für Bereitschaftsdienste genutzt werden und nicht für Regelarbeitszeit.
Die Ausnahmefälle, in denen von den Grundsätzen der Arbeitszeitbegrenzung abgewichen werden kann, regelt § 14 ArbZG. Das Auftreten des Coronavirus und seine Auswirkungen stellen ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne des § 14 ArbZG dar. Eine solche Krankheitswelle tritt weder regelmäßig auf noch ist sie voraussehbar.
Dennoch ist auch in der gegenwärtigen Situation keine unbegrenzte Ausdehnung der Arbeitszeit zulässig, § 14 Abs. 3 ArbZG. Auch wenn z.B. die tägliche Arbeitszeit über die in § 3 ArbZG festgelegten Höchstgrenzen angepasst werden kann, darf die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen 48 Stunden grundsätzlich weiterhin nicht überschreiten. Vereinbarte Opt-Out-Regelungen gelten weiter.
In Tarifbereichen, in denen eine Begrenzung der Anzahl der Bereitschaftsdienste vereinbart wurde, wird im Falle des Anstiegs des Patientenaufkommens wegen des Coronavirus von der Gefährdung der Patientensicherheit zwingend auszugehen sein.
Über die unmittelbar im ArbZG vorgesehenen Ausnahmen hinaus kann die Aufsichtsbehörde weitergehende Ausnahmen zulassen, soweit sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden, § 15 Abs. 2 ArbZG. Bei der erwarteten Entwicklung dürften entsprechende Verfügungen der Aufsichtsbehörden grundsätzlich gerechtfertigt sein. Von den in den jeweiligen Bundesländern zuständigen Behörden wurden bereits Allgemeinverfügungen erlassen, die insbesondere eine erweiterte Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit sowie eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden vorsehen. Bei Zulassung solcher Ausnahmen darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten, § 15 Abs. 4 ArbZG.
Am Samstag, den 28. März 2020 traten die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes in Kraft, mit denen die Funktionsfähigkeit zentraler Bereiche, insbesondere auch des Gesundheitswesens, gesichert werden soll. Danach soll das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der derzeitigen Situation der Corona-Pandemie durch Rechtsverordnung bundeseinheitlich Ausnahmen zulassen können, die über die „in diesem Gesetz und in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und in Tarifverträgen vorgesehenen Ausnahmen hinausgehen.“
Diese Rechtsverordnung ist nun zum 10. April 2020 durch das BMAS erlassen worden. Durch die COVID-19-Arbeitszeitverordnung werden bis zum 30. Juni 2020 Ausnahmen von den Arbeitszeitvorschriften zugelassen in Bezug auf die Höchstarbeitszeiten, die Mindestruhezeiten sowie vom grundsätzlichen Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen. Um auch die besonderen Ausgleichsregelungen während der Geltungsdauer der Verordnung anwenden zu können, ist die Verordnung insgesamt bis zum 31. Juli 2020 befristet worden.
Konkret werden folgende Ausnahmen zugelassen:
- Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann auf bis zu zwölf Stunden verlängert werden. Dies gilt nur, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann.
- Wie im Arbeitszeitgesetz üblich, muss innerhalb von sechs Monaten ein Ausgleich auf acht Stunden werktäglich (48 Stunden wöchentlich) erfolgen.
- Die tägliche Ruhezeit darf um bis zu zwei Stunden verkürzt werden, wobei eine Mindestruhezeit von neun Stunden nicht unterschritten werden darf. Jede Verkürzung der Ruhezeit ist innerhalb von vier Wochen auszugleichen. Der Ausgleich ist nach Möglichkeit durch freie Tage zu gewähren, ansonsten durch Verlängerung anderer Ruhezeiten auf jeweils mindestens 13 Stunden.
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Der Ersatzruhetag für Sonntagsbeschäftigung kann innerhalb von acht Wochen gewährt werden, er muss spätestens bis zum Außerkrafttreten der Verordnung am 31. Juli 2020 gewährt worden sein.
- Wird von den Abweichungen Gebrauch gemacht, darf die Arbeitszeit 60 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Nur in dringenden Ausnahmefällen darf die Wochenarbeitszeit auch über 60 Stunden hinaus verlängert werden, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann.
- Lange Arbeitszeiten, verkürzte Ruhezeiten und die Verschiebung der wöchentlichen Ruhezeit können nach Erkenntnissen der Arbeitswissenschaft negative Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben. Der Arbeitgeber hat daher im Rahmen seiner Fürsorgepflicht und entsprechend der Zwecksetzung in § 1 ArbZG bei Nutzung der durch diese Verordnung ermöglichten Abweichungen vom Arbeitszeitschutz stets abzuwägen, ob eine Abweichung unter Berücksichtigung von Sicherheit und Gesundheitsschutz angesichts des außergewöhnlichen Notfalls zu vertreten ist.
Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, aus Angst vor Ansteckung nicht bei der Arbeit zu erscheinen, gibt es nicht.
Um die Arbeitsleistung verweigern zu können, ist es erforderlich, dass die Erbringung der Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch). Eine Unzumutbarkeit kann z.B. dann gegeben sein, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Gehört man selbst zu einer der Risikogruppen des Coronavirus, kann dieses Leistungsverweigerungsrecht unter Umständen in Betracht kommen, gerade dann, wenn durch die Art der Arbeit ein Kontakt mit Infizierten sehr wahrscheinlich ist und mögliche und zumutbare Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz vom Arbeitgeber nicht ergriffen werden oder nicht ausreichend sind.
Zu empfehlen ist hier aber dringend die vorherige rechtliche Beratung unter Einbeziehung der Expertise des eigenen behandelnden Arztes. Ferner sollten zuvor alle Versuche ausgeschöpft sein, mit dem Arbeitgeber eine einvernehmliche Regelung für das Fernbleiben von der Arbeit zu treffen, wie z.B. das Einbringen von Urlaub oder Überstunden. Denn das Risiko, dass man zu Unrecht die Arbeitsleistung nicht erbringt (ein Leistungsverweigerungsrecht also nicht gegeben war), trägt allein der Arbeitnehmer. Abmahnung und Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber wegen unberechtigter Verweigerung der Arbeitsleistung sind bei Fehleinschätzung denkbar.
Zu beachten ist dabei, dass der Arbeitgeber von seiner Vergütungspflicht auch dann frei wird, wenn der Arbeitnehmer die Erbringung der Arbeitsleistung zu Recht wegen Unmöglichkeit verweigert hat.
Grundsätzlich reicht die Befürchtung sich bei der Arbeit anzustecken nicht aus, um der Arbeit fernbleiben zu können.
Zurzeit gibt es keinen Hinweis, dass Schwangere durch das Coronavirus gefährdeter sind als die allgemeine Bevölkerung. Dennoch ist der Arbeitsplatz - wie bei jeder werdenden Mutter - vom Arbeitgeber im Rahmen einer „Gefährdungsbeurteilung“ zu bewerten. Es muss demnach angesichts der aktuellen Situation ggf. immer wieder erneut geprüft werden, ob für die Schwangere mit der jeweiligen Tätigkeit eine unverantwortbare Gefährdung am Arbeitsplatz einhergeht. Schwangere sollen zum Beispiel keine Tätigkeiten an Patienten mit potenziell infektiösem Status verrichten; hierzu zählen auch Patienten, die sich evtl. mit dem Coronavirus infiziert haben.
Schlussendlich kommt es auf die Umstände des Einzelfalls und die daraus abzuleitende Gefährdungsbeurteilung an, ob ein teilweises oder komplettes Beschäftigungsverbot vom Arbeitgeber ausgesprochen wird. Daneben besteht ggf. die Möglichkeit durch den eigenen Arzt ein individuelles Beschäftigungsverbot zu erwirken.
Bei schwangeren bzw. stillenden Arbeitnehmerinnen muss der Arbeitgeber für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Sie richtet sich nach den Vorschriften der §§ 9 bis 14 Mutterschutzgesetz (MuSchG).
Ein Arbeitgeber darf eine schwangere bzw. stillende Mutter keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie in einem solchen Maß mit biologischen Gefahren in Kontakt kommt oder kommen kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt (§§ 11 Abs. 2 bzw. 12 Abs. 2 MuSchG).
Vor dem Hintergrund, dass die Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion derzeit immer noch nicht zuverlässig bewertet werden können und der Erreger aktuell in die Risikogruppe 3 nach der Biostoffverordnung eingeordnet wird, ist ein erhöhtes Infektionsrisiko am Arbeitsplatz, z.B. bei engerem Kontakt einer Schwangeren mit SARS-CoV-2-infizierten aus präventiven Gründen als unverantwortbare Gefährdung im Sinne von § 9 Abs. 2 MuSchG einzustufen. Der Arbeitgeber hat demnach durch geeignete organisatorische und technische Maßnahmen sicherzustellen, dass eine unverantwortbare Gefährdung von Mutter und Kind vermieden wird. Wenn dies nicht möglich ist, darf die Schwangere oder die stillende Mutter mit den betreffenden Aufgaben nicht beschäftigt werden Dabei ist insbesondere zu beachten, dass bestimmte Schutzmaßnahmen wie z.B. das dauerhafte Tragen von FFP3-Masken für Schwangere nicht geeignet sind.
Arbeitgebern ist anzuraten, sich bei diesbezüglichen Entscheidungen an dem von Expertinnen und Experten des Ausschuss für Mutterschutz (AfMu) erstellten Informationspapier zu Mutterschutz und SARS-CoV-2 zu orientieren:
Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Kurzarbeit haben sich aufgrund der Corona-Pandemie zum 01.03.2020 geändert, so dass das Instrument der Kurzarbeit vermehrt genutzt wird. Das gilt vor allem für Praxen, MVZs sowie Rehakliniken. Da es bei der Frage nach der Zulässigkeit der Kurzarbeit sowie der daraus entstehenden rechtlichen Konsequenzen wie u.a. Entgelt, Überstunden, Urlaub auf die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsvertrages sowie der tarifvertraglichen sowie betrieblichen Regelungen ankommt, bedarf dies einer Einzelfallprüfung.
Mittlerweile gibt es eine interne Weisung der Bundesagentur für Arbeit zur Kurzarbeit in Krankenhäusern und Praxen, die die Zulässigkeit von Kurzarbeit zum Teil in Frage stellt (Az.: 75095).
Mitglieder können sich bei Fragen zur Kurzarbeit an ihren Landesverband wenden.
Einen guten ersten Überblick gibt es hier:
Bedingt durch die Corona-Krise entstehen Probleme im Bereich des Elterngeldbezuges. Wenn in den Berechnungsmonaten für das Elterngeld (12 Monate vor der Geburt) Kurzarbeitergeld oder auch Arbeitslosengeld I bezogen wird, mindert dies bisher die Höhe des Elterngeldanspruchs. Auch entstehen Probleme, wenn Eltern in systemrelevanten Berufen tätig sind und deshalb Elterngeldmonate nicht nehmen können.
Damit die derzeitige Situation den Eltern nicht zum Nachteil wird, sind einige Änderungen für das Jahr 2020 beschlossen worden:
- Anpassungen beim Elterngeld für Eltern, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. Da sie jetzt besonders gebraucht werden, können sie ihre Elterngeldmonateaufschieben. Diese müssen bis spätestens bis Juni 2021 genommen werden.
- Außerdem verlieren Eltern den Partnerschaftsbonus - eine zusätzliche Leistung, die Mütter und Väter bekommen, die gleichzeitig Teilzeit arbeiten, um sich die Kindererziehung zu teilen – nicht, wenn sie aufgrund der Corona-Krise aktuell mehr oder weniger arbeiten als geplant.
- Zudem haben Eltern und werdende Eltern, die aktuell Einkommensverluste haben, weil sie zum Beispiel in Kurzarbeit sind, keinen Nachteil im Elterngeld haben. Konkret: Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I wegen Corona reduzieren das Elterngeld nicht und fließen auch bei der späteren Berechnung des Elterngeldes für ein weiteres Kind nicht mit ein.
Nach § 33 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind Beschlüsse des Betriebsrats mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder zu fassen. Anwesenheit bedeutet dabei die körperliche Anwesenheit in der beschlussfassenden Sitzung. Damit sind Beschlüsse, die in virtuellen Sitzungen, im Umlaufverfahren oder in einer Video- oder Telefonkonferenz gefasst werden, unzulässig. Vorbesprechungen und Beratungen sind selbstverständlich auch in einer Video- oder Telefonkonferenz möglich.
In Zeiten der Coronakrise, in denen der soziale Kontakt auf ein Minimum reduziert werden muss, sind solche Regelungen nur schwer bis gar nicht mehr umsetzbar.
In einer Erklärung vom 23.03.2020 hat deshalb der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in einer Ministererklärung Stellung zu dieser Frage genommen und Beschlussfassungen in Video- oder Telefonkonferenzen für möglich und zulässig erachtet. Dies gelte sowohl für die Zuschaltung einzelner Betriebsratsmitglieder als auch für die Durchführung virtueller Sitzungen im Gesamten.
Allerdings müsse unbedingt darauf geachtet werden, dass Dritte keinen Zugang zu der Sitzung haben, wie z.B. Familienmitglieder bei der Teilnahme an der Sitzung von Zuhause aus. Die Teilnahme an der Sitzung sollte dem Betriebsratsvorsitzenden in Textform – also z.B. per Mail bestätigt werden.
Hier der Link zur Ministererklärung:
https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/arbeit-der-betriebsraete-unterstuetzen.html
Um dem Ganzen eine gesetzliche Grundlage zu geben, hat die Bundesregierung eine befristete Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes auf den Weg gebracht. Diese haben der Bundestag am 23. April 2020 und der Bundesrat am 15. Mai 2020 beschlossen. Damit erhalten Betriebsräte die Möglichkeit, Beschlüsse auch via Video- und Telefonkonferenz zu fassen. Die Regelung wird für Betriebsräte vorläufig bis zum 31. Dezember 2020 gelten. Die Änderungen treten rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft, sodass bereits virtuell erfolgte Beschlüsse rechtswirksam sind. Auf diese Weise sollen die Handlungs- und Beschlussfähigkeit der Betriebsräte sichergestellt werden und gleichzeitig gesundheitlich riskante Präsenzsitzungen verhindert werden. Befristet bis Ende des Jahres können auch Betriebsversammlungen audio-visuell durchgeführt werden.
Ob der Arbeitgeber den Arzt in eine andere Fachabteilung oder an einen anderen Klinikstandort abordnen kann, hängt zum einen davon ab, was im Arbeitsvertrag geregelt ist, zum anderen davon, ob das Arbeitsverhältnis einer tarifvertraglichen Regelung unterfällt.
Grundsätzlich gilt: Nach § 106 Gewerbeordnung hat der Arbeitgeber das Recht, Art und Ort der Arbeitsleistung seiner Arbeitnehmer zu bestimmen. Dieses Direktionsrecht findet tarifvertraglich und arbeitsvertraglich seinen Niederschlag z.B. darin, dass dem Arbeitgeber ein Versetzungsrecht eingeräumt wird. Umgekehrt kann eine Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, das Arbeitsverhältnis auf einen bestimmten Ort, eine bestimmte Abteilung oder auf eine bestimmte Arbeitsaufgabe zu beschränken, dann zu einer Einschränkung des Direktionsrechts des Arbeitgebers führen, wenn deutlich zum Ausdruck kommt, dass die Parteien eine solche Einschränkung bewusst vereinbaren wollten.
Darüber hinaus sind natürlich die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeitervertretung zu beachten.
Die Arbeitsverpflichtung ergibt sich in erster Linie aus dem Arbeitsvertrag und ist regelmäßig auf die Tätigkeit bei dem im Arbeitsvertrag bezeichneten Arbeitgeber beschränkt. Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um einen Konzern oder hat dieser mehrere Betriebsteile, kann auch ein Einsatz an den verschiedenen Standorten in Betracht kommen. Den Arbeitseinsatz bei einem Dritten darf der Arbeitgeber dagegen nur auf Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung mit dem betroffenen Arbeitnehmer anweisen. Es kommt auf die jeweils vorliegende konkrete arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Ausgestaltung an. Eine einseitige Weisung bei einem anderen Arbeitgeber tätig zu werden, ohne dass eine arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarung vorliegt kann sich im Verlaufe der Pandemie deshalb nur durch gesetzliche Änderungen ergeben.
Im Falle einer Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber wird es nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit auch möglich sein, den Arbeitnehmer im Rahmen der Vorschriften der Arbeitnehmerüberlassung ausnahmsweise ohne Vorliegen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) an einen anderen Arbeitgeber zu verleihen. Voraussetzung hierfür ist gem. § 1 Abs.3 Nummer 2a AÜG, dass
- die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Überlassung zugestimmt haben,
- der Arbeitgeber nicht beabsichtigt, dauerhaft als Arbeitnehmerüberlasser tätig zu sein und
- die einzelne Überlassung zeitlich begrenzt auf die aktuelle Krisensituation erfolgt.
Sollte ein Einsatz bei einem anderen Arbeitgeber auf freiwilliger Basis erfolgen oder durch eine gesetzliche Änderung angeordnet werden können, ist zu beachten, dass auch wenn kein (schriftlicher) Arbeitsvertrag geschlossen wurde, gleichwohl ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Das bedeutet für das Krankenhaus, dass sämtliche Arbeitsschutzvorschriften zur Anwendung gelangen. Außerdem werden Urlaubsansprüche erworben und es besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Zudem besteht Anspruch auf eine Vergütung zu. Denn diese gilt als vereinbart. Wenn kein bestimmter Betrag vereinbart wurde, ist ein Vergleich anzustellen. Maßgeblich ist regelmäßig die tarifliche Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer. Gibt es eine solche nicht, wird eine „übliche Vergütung“ als vergleichbar angesehen. Es ist aus Beweisgründen dennoch dringend zu empfehlen, schriftliche Arbeitsverträge abzuschließen.
Zu beachten ist auch, dass ein Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gestellt werden muss. Früher erteilte Befreiungen gelten hier nicht fort und entfalten insofern keine Wirkung.
Wenn der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers eine (ggf. auch fachfremde) Tätigkeit zur Erfüllung ausübt, dann trägt der Arbeitgeber auch die Haftung für die Erfüllungsgehilfen. Zur Vermeidung eines Übernahmeverschuldens sollte der Arbeitnehmer aber unbedingt auf einer suffizienten fachlichen Einweisung in die jeweilige Tätigkeit bestehen. Unser Kooperationspartner, die Deutsche Ärztefinanz, hat im Bereich der Arzthaftpflichtversicherung versichert, dass Ärztinnen und Ärzte hinsichtlich ihres Versicherungsschutzes unbedenklich an der Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Deutschland im Rahmen der Corona-Krise mitwirken können.
Jeder Ärztin/ jedem Arzt wird auf Wunsch eine entsprechende Versicherungsbestätigung ausgestellt. Wir raten dazu, eine solche Bestätigung einzuholen.
Sowohl der Bund als auch die Bundesländer können in einem Katastrophenfall Maßnahmen erlassen, die erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmerrechte haben könnten. Zum einen gibt es in den Bundesländern bereits landesrechtliche Regelungen zum Katastrophenschutz, zum anderen werden in den Bundesländern zudem Epidemiegesetze vorbereitet bzw. im Landesparlament eingebracht. Es existieren schon jetzt Möglichkeiten in Arbeitnehmerrechte einzugreifen, um die Daseinsvorsorge zu sichern, z.B. nach dem Infektionsschutzgesetz sowie dem Arbeitszeitgesetz. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen die jeweiligen Bundesländer oder der Bund ergreifen.
Der befristete Weiterbildungsvertrag endet zum vertraglich vereinbarten Beendigungszeitpunkt. Die Absage der Facharztprüfung begründet keinen Anspruch auf eine Vertragsverlängerung. Selbstverständlich bleibt es den Vertragspartnern unbenommen, die Vertragslaufzeit einvernehmlich zu verlängern oder einen neuen Arbeitsvertrag abzuschließen. Es sollte daher rechtzeitig mit dem Arbeitgeber geklärt werden, ob und in welchem Umfang eine Vertragsverlängerung möglich ist.
Um eine Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld zu vermeiden, muss sich ein Arbeitnehmer spätestens 3 Monate vor Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden. Zur Wahrung der Frist reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird.
Der Arzt in Weiterbildung muss die Zeiten und die Inhalte der Weiterbildungsordnung derjenigen Landesärztekammer erbringen und nachweisen, bei der er den Antrag auf Anerkennung der Bezeichnung stellt und deren Kammermitglied er ist. Daher kann nur die jeweils zuständige Landesärztekammer verbindlich entscheiden, ob eine Anrechnung im Einzelfall möglich ist.
Der Arbeitgeber hat einer angezeigten Nebentätigkeit des Arbeitnehmers zuzustimmen, bzw. sie zu genehmigen, wenn die rechtlichen Interessen des Arbeitgebers durch die Nebentätigkeit nicht beeinträchtigt werden. Dies ergibt sich zumeist aus tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Regelungen, aber u.U. auch schon als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis.
Unbestreitbar können die Interessen eines systemrelevanten Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer in der Coronakrise einsatzfähig bzw. für die Erfüllung seiner eigenen Aufgaben bereit zu halten, den Interessen des Arbeitnehmers, eine Nebentätigkeit auszuüben, erheblich widersprechen, wenn z.B. mangels ausreichender Schutzmaßnahmen eine Infektion mit COVID-19 möglich ist.
Die Entscheidung, ob ein Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung zulässig ist, und insbesondere auch, ob der Widerruf mit sofortiger Wirkung erfolgen darf, wird im Einzelfall zu entscheiden sein. Sie wird abhängig davon sein, ob eine Gefährdung der Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers besteht, ob die Interessen des Arbeitgebers objektiv gesehen wirklich beeinträchtigt sein können, wobei die Möglichkeit der Beeinträchtigung ausreichend ist. Sie wird auch davon abhängig sein, ob sie befristet für die derzeitige Notsituation widerrufen wurde.
Ein Erstattungsanspruch für den Verdienstausfall wird in der Regel dann nicht bestehen, wenn der Widerruf der Nebentätigkeit wirksam erfolgt ist.
Für Ärztinnen und Ärzte, die tagtäglich Patienten behandeln und im Einsatz gegen die Corona-Pandemie stehen, sollte nicht nur die Ausstattung mit Schutzausrüstung eine Selbstverständlichkeit sein. Auch der nachgelagerte Schutz für den Fall, dass eine eigene Infektion nicht ausgeschlossen werden kann, ist unabdingbare Voraussetzung für einen möglichst erfolgreichen Umgang mit dieser Situation. Während es noch immer an adäquater Ausstattung für medizinisches Personal mangelt, ist zumindest im Hinblick auf den unfallversicherungsrechtlichen Umgang mit den möglichen Folgen dieses Mangels, Sorge getroffen worden. In Krankenhäusern angestellte Ärztinnen und Ärzte sind grundsätzlich für ihre berufliche Tätigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert. Das gilt uneingeschränkt auch im Falle einer SARS-CoV-2 Infektion. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege (BGW) als Trägerin der gewerblichen Unfallversicherung hat gegenüber dem Marburger Bund ausdrücklich bestätigt, dass Versicherte der BGW, die sich in Deutschland im Rahmen ihrer versicherten Tätigkeit mit dem Corona-Virus infizieren, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen.
Die BGW hat hierzu ein entsprechendes FAQ verfasst, welches Sie hier herunterladen können:
https://www.bgw-online.de/DE/Home/Branchen/News/Coronavirus_node.html#doc632104bodyText3
Da die gesetzlichen Regelungen unabhängig von der Einrichtung letztlich für alle Unfallversicherungsträger einheitlich sind, wird diese Aussage auch für die Träger der nicht-gewerblichen gesetzlichen Unfallversicherung, in erster Linie also der Landesunfallkassen, gelten. Etwas unklarer verhält sich die Unfallversicherung allerdings im Hinblick auf die Frage, welche Form von Versicherungsfall -Berufskrankheit oder Arbeitsunfall- genau vorliegt. Während eine Infektion unproblematisch als Berufskrankheit gelten kann (BK-Nr. 3101), ist die BGW bei der Frage einer Infektion als Arbeitsunfall zurückhaltender. Um den vollumfänglichen Versicherungsschutz sicherzustellen ist es in jedem Fall wichtig, nach einem positivem Testergebnis den konkreten Ansteckungsverlauf so gut und lückenlos wie eben möglich zu dokumentieren und den Arbeitgeber (oder den Arzt, der die Erkrankung diagnostiziert) aufzufordern, eine BK-Anzeige beim zuständigen Unfallversicherungsträger zu stellen.
Der Arbeitgeber kann die Lage der Arbeitszeit und dabei auch die Frage, wie die Arbeitsleistung zu erbringen ist, im Rahmen seines Weisungsrechts durch einseitige Erklärung festlegen. Dazu gehört z.B. auch die Einführung von Schichtarbeit oder die Gestaltung von Dienstplänen mit Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft. Allerdings hat der Arbeitgeber dabei stets die Grundsätze billigen Ermessens zu wahren, d.h. er muss seine Interessen gegen die Interessen des Arbeitnehmers angemessen abwägen.
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer also keinen Rechtsanspruch auf Zuweisung von Bereitschaftsdienst. Übt der Arbeitgeber sein Weisungsrechts unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und unter Berücksichtigung der Rechte der Mitarbeitervertretung richtig aus und ändert er die Art der Erbringung der Arbeitsleistung, muss nach Auffassung der Rechtsprechung das Interesse der Arbeitnehmer, durch Bereitschaftsdienst eine zusätzliche Vergütung zu erzielen, dahinter zurücktreten. Ein Ersatzanspruch entsteht demnach nicht.