Derzeit sind rund 500 Medikamente von Lieferengpässen betroffen. Damit hat sich die Lage gegenüber dem letzten Winter, als rund 300 Medikamente knapp wurden, weiter verschärft. Ein Dilemma für sächsische Ärztinnen und Ärzte: „Wir können unseren Patienten in vielen Fällen nicht die Medikamente und Wirkstoffe verordnen, die sie wirklich benötigen“, wendete sich der Marburger Bund Sachsen am 15. Dezember an Petra Köpping. Bereits im Februar kündigte die Sozialministerin an, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Versorgung der sächsischen Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen.
Knapp sind derzeit zum Beispiel Medikamente mit dem Wirkstoff Amoxicillin. Das Breitband-Antibiotikum kommt bei Kindern und Erwachsenen mit bakteriellen Infektionen wie Lungenentzündungen, Scharlach oder Nasennebenhöhlenentzündungen zum Einsatz. Diese Krankheiten häufen sich in der kalten Jahreszeit. Die Amoxicillin-Bestände reichen laut Prognose des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte allerdings nicht für eine flächendeckende saisonale Versorgung.
Der Marburger Bund Sachsen sieht in den Lieferschwierigkeiten vieler wichtiger Medikamente eine Gefahr für die Patientensicherheit in Sachsen. Obwohl der Höhepunkt der allwinterlichen Infektionswelle noch bevorsteht, müssen Ärztinnen und Ärzte bereits jetzt auf Präparate zurückgreifen, die kein gleichwertiger Ersatz sind. Zu den Folgen für die Patienten können stärkere Nebenwirkungen oder verzögerte Wirkeintritte gehören.
Mit dem Offenen Brief verdeutlicht der MB Sachsen die Machtlosigkeit, mit der sich Ärztinnen und Ärzte bei der Verschreibung wichtiger Medikamente konfrontiert sehen: „Unsere Verordnungen gleichen bisweilen Wunschzetteln an den Weihnachtsmann. Das Sozialministerium und das Bundesgesundheitsministerium dürfen es nicht so weit kommen lassen, dass eine Packung Amoxicillin zum unerfüllbaren Weihnachtswunsch wird!“