Ein Blick ins Ausland zeige, dass Gesundheitssysteme mit derart starrer Regulierung der ärztlichen Weiterbildung für den Berufsnachwuchs unattraktiv sind und junge Ärztinnen und Ärzte oftmals nicht halten könnten. „Viele kommen aus solchen Ländern zu uns nach Deutschland, weil sie hier nach freier Wahl die Weiterbildung zur Fachärztin oder zum Facharzt in der Wunschrichtung absolvieren können.“
Begrenzte Weiterbildungsmöglichkeiten vorzugeben, werde nicht zu einer besseren Patientenversorgung führen, ist Dr. Gehle sicher. „Wer sich für eine Weiterbildung zur Chirurgin, zur Kinder- und Jugendärztin oder zum Psychiater entscheidet, tut dies aus voller Überzeugung und trifft diese Entscheidung zumeist im Hinblick auf mehrere Jahrzehnte eines Berufslebens. Talent und Motivation hierfür lassen sich nicht einfach per Verordnung auf einen beliebigen anderen Bereich ärztlicher Tätigkeit übertragen.“
Die Idee, die Spezialisierung von Fachärzten nach den Wünschen der Gesundheitspolitik auszurichten, lenke von der eigentlichen Ursache des Ärztemangels ab, erklärt Dr. Gehle: „Das Grundproblem der künftigen Patientenversorgung ist und bleibt die heute viel zu geringe Zahl von Medizinstudienplätzen. Die Politik verweigert an dieser Stelle seit Jahren eine dringend nötige Investition in die Daseinsfürsorge.“
Mehr Studienplätze, fügt Dr. med. Hans-Albert Gehle hinzu, dienten dem Patientenwohl nachhaltig. Eine Quotierung bei der ärztlichen Weiterbildung könne hingegen auf Dauer sogar den Patienten schaden.
Reserven an ärztlicher Arbeitszeit, so der Ärztekammerpräsident weiter, gebe es im Übrigen durchaus: „Eine Entlastung von Bürokratie und arztfremden Verwaltungsaufgaben würde mit einem Schlag viel Zeit für die Arbeit mit Patientinnen und Patienten frei machen.“