Bundesgesundheitsminister Jens Spahn lud in seinem Grußwort die Ärzteschaft zu einer intensiven Debatte mit ihm ein, auch bei der Frage, ob das DRG-System gestrichen werde. Spahn forderte die Ärzte auf, über mögliche Alternativen zu diskutieren. „Wenn man die Abschaffung der DRG fordert, muss man auch eine Idee haben, wohin es gehen soll. Noch habe ich da aber nichts Überzeugendes gehört. Keine Angst, ich kann mit Gegenargumenten gut umgehen“, versicherte Spahn.
Jens Spahn plädierte für eine stärkere Kooperation aller Gesundheitsberufe: „Wir sind heute zwar deutlich weiter als vor zehn oder 20 Jahren, aber längst noch nicht dort, wo wir eigentlich sein müssten. Es ist Arbeit für alle genug da“, betonte Spahn. Er sprach sich des Weiteren dagegen aus, alle Gesundheitsberufe zu akademisieren. „Das halte ich nicht für vernünftig!“
Unausweichlich hält Spahn den Abbau von Kliniken. Mit einem Blick auf Dänemark, das nur noch gut 50 Krankenhäuser habe, plädierte Jens Spahn für eine Reduzierung der Zahl der Kliniken in Deutschland. „Wir haben 2.000 Kliniken, sind aber nicht 40mal so viele Bürger. Es ist für mich nicht akzeptabel, dass wir unsere Ressourcen nicht effizient einsetzen.“ Geld solle vielmehr nur dahinfließen, wo es auch wirklich benötigt wird. Dass Kliniken „nur so da“ seien, sei für ihn nicht mehr tragbar.
„Und wenn benachbarte Kliniken in einer Region das gleiche Angebot der Versorgung haben, aber die Leistung nur selten erbringen, halte ich auch das für die Patientensicherheit nicht gut. Es nicht sinnvoll, wenn jeder alles macht“, bemerkte Spahn weiter.
„Wir werden im nächsten Jahr intensiv darüber reden müssen, wie wir den Spagat zwischen flächendeckender Versorgung und den Mindestmengen, die die Qualität sichern, schaffen. Diese Qualitätsdebatte möchte ich mit Ihnen führen.“ Spahn kündigte an, ggf. die Mindestmengen per Gesetz einzuführen.
Am zweiten Tag der 136. Hauptversammlung verabschiedete sich Rudolf Henke – nach 30 Jahren an der Spitze des Marburger Bundes – mit einer ausgezeichneten und bewegenden Rede von seinem Amt des ersten Bundesvorsitzenden. Rudolf Henke ist zwölf Jahre erster Vorsitzender des Marburger Bundes gewesen, zuvor war er langjähriger 2. Vorsitzender.
„Ich bin überzeugt, dass der Marburger Bund seinen erfolgreichen Weg fortsetzt und die Stimme der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte und der Anwalt für eine vertrauensvolle Arzt-Patientenversorgung bleibt.“
An Spahn gerichtet betonte Rudolf Henke, „es kann nicht sein, dass wir uns die Vorhaltung von Kliniken nur leisten können, wenn wir sie durch ärztliche Leistung finanzieren, die wir am Ende dann doch eh wieder um die Ohren gehauen bekommen. Wenn auch die Feuerwehr alle Kosten ihrer Vorhaltung durch Löschen decken müsste, würde wohl jede glimmende Zigarette gelöscht werden.“ Henke betonte, dass „Ärztinnen und Ärzte nicht länger das Investitionsloch stopfen wollen. Das endet nur, wenn alle ärztlichen Personalkosten aus den DRG ausgeklammert werden“.
„Das DRG-System hat sich überlebt. Wir können einen Totalschaden diagnostizieren. Wir brauchen eine neue Finanzierung von Klinikleistungen, die bedarfsgerecht sind, damit wir endlich wieder mehr Zeit für unsere Patienten haben. Wir müssen ständig den Patienten erklären, warum die Zustände derzeit so sind. Dadurch steht der gute Ruf der Ärztinnen und Ärzte auf dem Spiel.“
Rudolf Henke erinnerte an die zahlreichen Erfolge des Marburger Bundes, die tarif- und berufspolitischen Meilensteine in der MB-Geschichte der vergangenen drei Jahrzehnte. „Es macht eben einen Unterschied, ob man sich engagiert oder nicht“, verwies Henke auf das engagierte Wirken zigtausender Ärztinnen und Ärzte in den Tarifauseinandersetzungen.
Henke analysierte die Fehlentwicklungen der Gesundheitspolitik und mahnte abschließend insbesondere, dass es unverzichtbar ist, dass der ärztliche Beruf ein freier Beruf bleibt: „Das schließt aus, dass uns etwa die Arbeitgeber ärztliche Weisungen erteilen können. In unserer ärztlichen Heilkunde hat uns niemand etwas zu sagen.“ Seiner Abschiedsrede folgte ein minutenlanger stehender Applaus und anerkennende Würdigungen der Delegierten.
Mit Dr. med. Susanne Johna steht nun erstmals in der 72-jährigen Historie des Marburger Bundes eine Ärztin an der MB-Spitze. Als 2. Vorsitzender wurde Dr. med. Andreas Botzlar im Amt bestätigt.
Susanne Johna überreichte als erste Amtshandlung ihrem Vorgänger im Amt, Rudolf Henke, den Ehrenreflexhammer, die höchste Auszeichnung des Marburger Bundes. Rudolf Henke wurde zudem zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Bei der Vorstandswahl wurde aus unserem Landesverband Dr. med. Hans-Albert Gehle (Gelsenkirchen) eindrucksvoll als Beisitzer bestätigt und erstmals Dr. med. Sven Dreyer (Düsseldorf) in den neuen Bundesvorstand gewählt. Die Amtszeit dauert drei Jahre. Kooptiert wurde ferner Philipp Schiller aus Münster als Vorsitzender des studentischen Sprecherrates im MB. Wir gratulieren ganz herzlich!