„Der Öffentliche Gesundheitsdienst braucht qualifizierte Kräfte im ärztlichen und nichtärztlichen Bereich, die gut ausgebildet sind in Infektiologie, Hygieneschulung und öffentlicher Gesundheit.“ Um das zu erreichen, fordert Dr. med. Hans-Albert Gehle ein langfristiges Förderprogramm für den ÖGD analog zu dem Sonderprogramm zur Förderung der Krankenhaushygiene. Das mehrjährige Förderprogramm der Bundesregierung hat ein Finanzvolumen von insgesamt knapp 470 Millionen Euro und soll die Kliniken bei der Erfüllung von personellen Mindestanforderungen im Hygienebereich unterstützen. „Wie bei den Hygienefachkräften in den Krankenhäusern brauchen wir für den ÖGD eine dauerhafte Implementierung von qualifiziertem Personal“, betonte Gehle.
Gab es vor 25 Jahren noch knapp 4.000 Ärztinnen und Ärzte, die in den circa 400 Gesundheitsämtern tätig waren, sind es heute nur noch etwa 2.500. „Jede dritte Arztstelle ist in den Gesundheitsämtern unbesetzt. Die Coronakrise zeigt uns gerade das traurige Ergebnis eines jahrzehntelangen Sparzwangs auf. Wir müssen jetzt und hier gestalten, bevor wiederansteigende Infektionszahlen immer neue Lockdowns des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens erzwingen.“
Der ÄKWL-Vorstand spricht sich nicht nur für eine bessere Ausstattung des ÖGD mit medizinischem Personal und eine langfristige Förderung aus, sondern setzt sich auch für eine landesweite Neuorganisation des ÖGD ein.
Die Kammerversammlung der ÄKWL hat bereits zu Beginn des Jahres eine Resolution verabschiedet, in der die Weiterentwicklung des Infektionsschutzes in Nordrhein-Westfalen gefordert wurde. Vor dem Hintergrund einer globalen Bedrohung der Bevölkerung durch infektiologische Risiken reiche eine im Wesentlichen auf 53 Gesundheitsämter verteilte Zuständigkeit nicht mehr aus, wenn es um Problemlagen geht, die weder an Gemeinde- noch an Landesgrenzen haltmachen, hieß es in der Resolution.
In den fünf NRW-Regierungsbezirken soll demnach jeweils ein Institut z. B. an Universitäten benannt werden, das den öffentlichen Gesundheitsdienst vor Ort operativ sowie analytisch unterstützt. Darüber hinaus müsse für außergewöhnliche infektiologische Ereignisse eine landesweite zentrale Koordinierungsstelle geschaffen werden. Gehle: „Diese Vorschläge wurden bis heute bedauerlicherweise nicht berücksichtigt. Nun hat uns die Corona-Realität eingeholt. Infektionskrankheiten breiten sich in einer globalisierten Welt immer schneller aus.“