• „Diese Entwicklung ist gefährlich!“

    Ärztestatistik Rheinland-Pfalz 2016
    15.Mai 2017
    Mainz
    Die rheinland-pfälzische Ärzteschaft wird immer älter. Mittlerweile ist jeder zweite berufstätige Arzt und jede zweite berufstätige Ärztin in Rheinland-Pfalz 50 Jahre alt und älter, erklärt Dr. med. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, bei der Vorlage der aktuellen Ärztestatistik. Im Jahr 2016 hat der Anteil der älteren Ärztinnen und Ärzte weiter zugenommen. Zugleich reicht der Anteil der jungen Ärztinnen und Ärzte bei weitem nicht aus, um die Lücke zu schließen, die sich in einigen Jahren auftun wird, wenn die Älteren in Ruhestand gehen. „Auch wenn wir im Land aktuell noch keine offiziell gemeldeten unterversorgten Gebiete haben, gibt es bereits Regionen in Rheinland-Pfalz, in denen freiwerdende Praxissitze nur noch schwer wiederbesetzt werden können“, berichtet der Landesärztekammer-Präsident weiter. Zugleich ist der Bedarf an Ärztinnen und Ärzten in den vergangenen Jahren weiter gewachsen und wird auch noch weiter ansteigen. Das gilt sowohl für das Krankenhaus als für den ambulanten Bereich. Die Gründe hierfür: der medizinische Fortschritt, der demografische Wandel, der erhöhte Anteil von Teilzeitstellen und der Trend zur Arbeitszeitverkürzung.

    Zur Statistik: Im Jahr 2016 sind insgesamt 21.115 Ärztinnen und Ärzte bei der Landesärztekammer registriert gewesen. Von ihnen sind 17.824 berufstätig. Im ambulanten Bereich arbeiten laut Statistik 7.004 Ärztinnen und Ärzte. Im Krankenhaus sind es 8.526 Ärztinnen und Ärzte. Insgesamt ist im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der gemeldeten Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz um 1,8 Prozent gewachsen. Kammerpräsident Dr. Günther Matheis: „Dieser Zuwachs ist minimal und deckt bei weitem nicht den künftigen Versorgungsbedarf ab.“

    Rückblick: Im Jahr 2000 waren 16.169 Ärztinnen und Ärzte bei der Landesärztekammer gemeldet; 13.444 von ihnen waren damals berufstätig. Von ihnen arbeiteten 6.126 im ambulanten Bereich und 5.940 im Krankenhaus. Mehr Ärzte und Ärztinnen (statistisch gesehen) und zugleich Ärztemangel schließen sich nicht aus. Es ist vielmehr eine natürliche Folge gesellschaftlicher Veränderungen, erläutert der Kammer-Präsident.

    „Die gesunkene durchschnittliche Arbeitszeit und der gestiegene Mehrbedarf müssen also logischerweise auf mehr Köpfe verteilt werden. Berechnungen zeigen, dass derzeit rund 1000 Ärztinnen und Ärzte nötig sind, um das Arbeitsvolumen von 600 Vollkräften zu leisten“, erklärt der Kammer-Präsident. Dieser Mehrbedarf spiegelt sich aber in der Zahl der Medizinstudienplätze nicht wieder. Matheis: „Wir brauchen dringend mehr Studienplätze!“ Hiervor verschließt aber leider auch der aktuelle „Masterplan Medizinstudium 2020“ die Augen.

    „Der Anteil der Jungen sinkt weiter“, warnt Günther Matheis. Im vergangenen Jahr gab es in der Altersgruppe 35 bis 39 Jahre landesweit nur 1.931 berufstätige Ärztinnen und Ärzte. Im Vergleich zum Jahr 2000 (2.443) ist deren Anteil um rund ein Fünftel gesunken.

    Schaut man in dieser Altersgruppe in den ambulanten Bereich, so fällt der Rückgang noch stärker aus: Im Jahr 2016 gab es hier 387 ambulant arbeitende Ärztinnen und Ärzte; im Jahr 2000 waren es 811. Das ist fast die Hälfte weniger. In der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen sinkt der Anteil derer, die ambulant arbeiten, im selben Zeitraum ebenfalls stark: von 2.374 (Jahr 2000) auf 1.461 (Jahr 2016). Das bedeutet einen Rückgang von über einem Drittel.

    Gleichzeitig steigt die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die zwischen 50 und 59 Jahre alt sind. Gab es im Jahr 2000 noch 1.990 ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte in dieser Altersgruppe, so waren es in 2016 schon 2.785 (ein Plus von rund 40 Prozent). Der Anteil der 60- bis 65-Jährigen wuchs im selben Zeitraum von 528 auf 1.288. Und der Anteil derjenigen, die über 65 sind und im ambulanten Bereich arbeiten, stieg von 164 (Jahr 2000) auf 880 (Jahr 2016); diese Zahl hat sich mehr als verfünffacht.

    Kammer-Präsident Günther Matheis: „Diese Entwicklung ist gefährlich.“ Bei den Berufstätigen zeigt sich insgesamt, dass sich von ihnen nur noch 1.931 in der Nachwuchsgruppe von 35 bis 39 Jahren befinden. Über 50 Jahre alt sind inzwischen 8.977 rheinland-pfälzische berufstätige Ärztinnen und Ärzte. Das ist die Hälfte. „Somit ist jeder zweite berufstätige Arzt älter als 50 Jahre“, stellte der Kammer-Präsident fest.

    Eine ähnliche Altersstruktur wie im ambulanten Bereich zeigt sich auch im Krankenhaus. Zwar stieg die Zahl der Klinikärztinnen und -ärzte, die zwischen 34 und 39 Jahre alt sind, seit dem Jahr 2000 um rund 17 Prozent (von 3.361 auf 3.969). Doch auch in den Kliniken verzeichnet sich ein starker Anstieg der Ärztinnen und Ärzte, die 50 Jahre und älter sind. Ihre Zahl stieg von 1031 (im Jahr 2000) auf 2.593 (Jahr 2016) – das sind 2,5mal so viele.

    Weiter gestiegen ist in den vergangenen Jahren auch der Anteil der ausländischen Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz. Waren es im Jahr 2000 noch 799 ausländische Ärztinnen und Ärzte, so arbeiteten im vergangenen Jahr bereits 2.065 ausländische Ärztinnen und Ärzte im Land. Das sind mehr als 2,5mal so viele wie vor 16 Jahren. Der Anteil der ausländischen Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz liegt somit bei fast zehn Prozent. Die meisten von ihnen kommen aus Rumänien, Syrien, Russland und Ungarn.

    Im vergangenen Jahr sind 47 Ärztinnen und Ärzte aus Rheinland-Pfalz ins Ausland ausgewandert. Die meisten von ihnen gingen in die Schweiz, nach Österreich und nach Luxemburg.

    Ein weiterer Blick in die Statistik zeigt, dass rund 42 Prozent der rheinland-pfälzischen Landesärztekammer-Mitglieder weiblich sind. Im vergangenen Jahr sind bei der Landesärztekammer 8.918 Ärztinnen registriert gewesen; von ihnen sind 7.604 berufstätig. Der größte Teil der Ärztinnen arbeitet im stationären Bereich.

    Der Wunsch nach mehr Teilzeitstellen steigt. Insbesondere Ärztinnen wünschen dies, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Eine gute Kinderbetreuung ist deshalb mehr als nötig – gerade auch zu Zeiten außerhalb des klassischen Betreuungsangebots von neun bis fünf Uhr, fordert der Kammer-Präsident.

    „Außerdem sollten wir es auch möglich machen, dass unser Berufsnachwuchs schneller eingegliedert werden kann und dass auch Quer- und Wiedereinsteiger gewonnen werden können“, fügt Matheis hinzu. Und auch beim Medizinstudium sind Änderungen nötig: „Gute und engagierte Lehre und vor allem auch weniger Prüfungsdruck sind wichtig, um den Studierenden die Freude an der Medizin nicht zu vermiesen.“