Ebenso unterstrichen die Experten auch die Kammer-Forderungen, dass die Maßnahmen eines Pandemie-Gesetzes zum einen immer zeitlich befristet sein müssen und zum anderen stets auf einem Beschluss des nordrhein-westfälischen Landesparlamentes basieren sollen.
Dr. med. Hans-Albert Gehle verweist darauf, dass die Ärzteschaft aktuell mit äußerst großem Engagement daran arbeitet, die medizinische Versorgung von Corona- und natürlich auch Nicht-Corona-Patienten zu bewältigen. Bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe hätten sich bereits über 1000 Ärztinnen und Ärzte gemeldet, die, obwohl sie derzeit nicht in der Patientenversorgung ärztlich tätig sind, freiwillig mitarbeiten wollen. „Freiwilligkeit und Engagement zeichnen die Ärzteschaft aus.“
Dies vor dem Hintergrund der „unzumutbaren und gänzlich inakzeptablen Situation“, dass Ärztinnen und Ärzte ohne ausreichenden persönlichen Schutz Corona-Infizierte behandeln müssten. Eine Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit dürfe es auch im Pandemiefall für Ärztinnen und Ärzte nicht geben. „Es gibt die ärztliche Pflicht zur Hilfe, es gibt aber keine ärztliche Pflicht zur Selbstgefährdung!“
„Ärztinnen und Ärzte engagieren sich an vielen Stellen dennoch – und zwar freiwillig. Denn für die Versorgung von all unseren Patientinnen und Patienten in Corona-Zeiten braucht es jede helfende Hand. Und helfende Hände sind nur sinnvoll, wenn sie koordiniert eingesetzt werden und ineinandergreifen.“
Die Kammer begrüße es deshalb, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Möglichkeit geschaffen werde, die stark dezentral organisierten Strukturen des Infektionsschutzes in NRW durch eine zentrale Koordination zu ergänzen. Solche Maßnahmen hatte die Kammerversammlung der ÄKWL bereits Anfang des Jahres gefordert.
Kammerpräsident Gehle kritisiert in diesem Zusammenhang, dass weder in den Krisenstäben der Bezirksregierungen noch im Krisenstab der Landesregierung die Ärztekammern beteiligt seien. „Wir werden punktuell aufgefordert zuzuarbeiten. Eine systematische und flächendeckende strategische Einbindung von ärztlichem Sachverstand sieht anders aus.“
Er fordert aus diesem Grund die Beteiligung eines Vertreters der Ärztekammer in jedem Krisenstab der fünf Bezirksregierungen, die Schaffung einer übergeordneten Koordination, an der auch die Ärztekammern beteiligt werden, mehr Transparenz bei Aufbau und Umbau von Versorgungsangeboten sowie eine digitale Vernetzung der Versorgungsstrukturen.