„Uns Ärzten fehlt doch jetzt schon in Folge der viel zu großen Bürokratie in unserem Klinikalltag die dringend erforderliche Zeit, um mit unseren Patienten zu reden“, berichtet Michael Krakau. „Das neue Entlassungs-Prozedere binde in hohem Maße ärztliche Arbeitskraft. Uns fehlen doch heute schon in vielen Abteilungen in den bundesdeutschen Kliniken die nötigen Ärztinnen und Ärzte. Der Gesetzgeber weitet unsere Aufgaben mal wieder aus, aber mehr ärztliches Personal wird wieder nicht finanziert.“
„Künftig müssen wir vor jeder Entlassung in formalen Konferenzen mit Ärzten, Pflegenden und dem Sozialdienst über jeden einzelnen Patienten sprechen. Es wäre weitaus sinnvoller, wenn wir Mit unseren Patienten reden und nicht über sie.“ Bisher haben Entlassungen durchaus vielfach in formloser Kommunikation gut funktioniert. Auch benötige nicht jeder Patient ein solches Prozedere. Es drohe ein bürokratischer Overkill.
Einen Gewinn für Patienten sieht nicht nur der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen: Auch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen jubiliert, weil die KBV nun mit Hilfe der neuen lebenslangen Arztnummer, die für Verordnungen in Kliniken künftig zwingend erforderlich sein sollen, endlich kontrollieren könne, ob jeder einzelne Klinikarzt bei seinen Verordnungen auch tatsächlich das Wirtschaftlichkeitsgebot einhält. Die Kritik der Kliniken kann Gassen nicht nachvollziehen. Pekuniäre Aspekte scheinen dagegen für die KBV ausschlaggebend zu sein.
Eine - wie im Gesetz dafür vorgesehene - persönliche Registrierung jedes Klinikarztes bei der KBV hält Michael Krakau nicht für nötig: „Wenn Ärzte in Notaufnahmen Arzneimittel verordnen, benötigen wir ja bisher auch keine Arztnummer. Es würde doch völlig ausreichen, wenn die Verordnungen über die Betriebsstätten-Nummer der Kliniken laufen.“
Ob der mit dem neuen Entlassmanagement verbundene Aufwand gerechtfertigt ist, scheint eher fraglich: Die Deutsche Krankenhausgesellschaft bewertet es als ein bürokratisches Monster. Da für jeden Patienten der Bedarf für eine Anschlussversorgung künftig durch ein Assessment erfasst werden soll und jeder Patient zuvor auf bundeseinheitlichen Formularen dem Entlassmanagement und der Weitergabe seiner persönlichen Daten zustimmen muss, werde zu viel der ohnehin knappen Arbeitszeit von Ärzten gebunden. Die DKG schätzt den Aufwand dafür auf rund 50 Millionen Minuten Arbeitszeit, was für das ärztliche Personal etwa 100.000 Arbeitstage mehr pro Jahr bedeuten würde.
Nach Angaben von Michael Krakau wird bei der Debatte zu schnell übersehen, dass es schon heute in den Kliniken ein Entlassmanagement gibt, in dem Patienten zeit- und sachgerechte Lösungen erhielten. „Probleme haben wir dabei heute jedoch mit dem Geflecht der separaten Regelungen der unterschiedlichen Kassen. Probleme gibt es nicht nur bei den Genehmigungsverfahren der Krankenkassen“, sondern es sei oftmals auch schwierig, für Patienten Plätze in einer anschließenden Rehabilitation zu erhalten. Hier sieht Michael Krakau tatsächlichen Handlungsbedarf.