Eine solche Novelle würde sich an der kürzesten nationalen Weiterbildungszeit in den Ländern der Europäischen Union orientieren. „Für die ärztliche Aus- und Weiterbildung in Deutschland, die im Europa-Vergleich mit zu den längsten und qualitativ besten zählt, würde eine solche Nivellierung einen erheblichen Qualitätsverlust bedeuten“, kritisiert Dr. Günther Matheis weiter.
„Es darf nicht sein, dass gezielt Mitgliedstaaten mit niedrigem Anforderungsniveau als hinreichende Referenz angesehen werden. Ansonsten besteht Gefahr, dass das sehr hohe Behandlungsniveau der Patienten nicht aufrecht gehalten werden kann“, mahnt der Präsident. Die automatische Facharztanerkennung allein auf Grundlage einer Minimalanforderung an die Mindestweiterbildungsdauer kann nicht qualitätssichernd sein. Eine einheitliche europäische Weiterbildungsordnung ist angesichts der teils großen Unterschiede in der Patientenversorgung deshalb nicht zielführend.
Die Mindestanforderungen für die gegenseitige Anerkennung einer Facharztqualifikation aus einem anderen EU-Mitgliedstaat sind in Artikel 25 der Berufsanerkennungsrichtlinie formuliert.
Bei den Mindestanforderungen gibt es jedoch teils erhebliche Abweichungen in der Weiterbildungsdauer in den EU-Mitgliedstaaten. Die Richtlinie legt dabei stets die kürzeste nationale Weiterbildungsdauer als Mindesterfordernis für die automatische Anerkennung fest. Beispiel Anästhesiologie: Aufgrund der vergleichsweise kurzen Weiterbildungsdauer in Lettland wurde eine Dauer von drei Jahren als Mindesterfordernis festgelegt, während die durchschnittliche Weiterbildungsdauer in den untersuchten Mitgliedstaaten fünf Jahre und in der Spitze sieben Jahre beträgt.
Die Vertreterversammlung lehnt in diesem Zusammenhang ebenfalls Tendenzen ab, eine Novellierung der ärztlichen Aus- und Weiterbildung im Sinne einer reinen ökonomischen Liberalisierung zu handhaben und fordert daher die Bundesregierung und die EU-Abgeordneten auf, diesen Bestrebungen eine klare Absage zu erteilen.