So sei etwa die ärztliche Weiterbildung bei der zum Jahresanfang vorgestellten Krankenhausreform nicht ausreichend bedacht worden. „Der untaugliche Vorschlag sah vor, dass Weiterbildung zukünftig verstärkt in Level-1i-Kliniken und Gesundheitszentren stattfinden sollte“, sagte Henke. „Mit Verlaub, das hat mit dem Ziel einer Steigerung der Behandlungsqualität nichts zu tun und zeigt die praxisferne Denkweise.“ In Gesundheitszentren können schwerlich die ganze Bandbreite eines Faches erfahren werden.
„Die Weiterbildung wird von den Ärztekammern auf der Grundlage von Landesgesetzen verantwortet und das muss so bleiben“, betonte Henke weiter. Es bedürfe nicht zentraler Vorgaben für Weiterbildungsstätten aus Berlin. „Die Kompetenz, die Weiterbildung autonom regeln zu können, gehört ebenso zur Freiberuflichkeit wie der Grundsatz, dass Ärztinnen und Ärzte ihre Entscheidungen in Diagnostik und Therapie unabhängig und gemeinsam mit ihren Patienten treffen können. Dafür werden wir uns mit Vehemenz im Sinne einer am Patienten orientierten Versorgung auch in den kommenden Jahren einsetzen.“
Rudolf Henke erinnerte an die zentrale Aussage des Bundesverfassungsrichters a.D. Peter Müller beim diesjährigen 127. Deutschen Ärztetags in Essen: „Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung sind gerade im ärztlichen Bereich eine wertvolle gesellschaftliche Ressource, die wir brauchen, wenn wir ein leistungsfähiges Gesundheitswesen und damit eine humane Gesellschaft organisieren wollen.“
Das zweite Beispiel: Es wäre ebenso sinnhaft gewesen, vor der Verabschiedung des Krankenhaustransparenzgesetzes die Expertise der ärztlichen Selbstverwaltung einzuholen. „Dann hätten wir gemeinsam die schon vorhandenen Qualitätsberichte, die auf den Internetseiten des GBA seit Jahren zu finden sind, optimieren und eine patientenfreundlichere Darstellung finden können. Doch auch hier war die Expertise der Selbstverwaltung unerwünscht, mit der Folge, das teure Doppelstrukturen mit bürokratischem Mehraufwand für die Krankenhäuser angedacht sind, ohne dass die Frage nach Nutzen und Brauchbarkeit für die Patienten geklärt ist“, bemängelte Henke.
„Wenn der Bundesgesundheitsminister es mit dem Bürokratieabbau wirklich ernst meinen würde, dann müssten die verfügbaren Daten für das neue Transparenzregister automatisiert aus den Klinikinformationssystemen ausgeleitet werden, ohne dass hier wieder Pflege- und Arztzeit gebunden werden.
Das dritte Beispiel: Prävention hat in Deutschland noch unerschlossene Potenziale. „In einer Gesellschaft des langen Lebens muss es uns besser gelingen, die Menschen durch eine gesunde Lebensführung bis ins hohe Alter gesund und mobil zu halten. „Ob dies aber durch Vorfelduntersuchungen in Apotheken gelingen kann, das wage ich stark zu bezweifeln. Jetzt fragt man sich als Arzt oder Ärztin natürlich, ob es für Vorsorgeuntersuchungen in Apotheken und den vorgeschlagenen Intervallen andere Evidenzen gibt, als für Vorsorgeuntersuchungen in Arztpraxen? Wenn ja, dann würden wir die gerne einmal sehen.“
„Meinem Gefühl nach handelt es sich hier um einen noch wenig durchdachten Baustein zum Erhalt der Vor-Ort-Apotheke, um den Versuch, einen Keil zwischen Ärzte- und Apothekerschaft zu treiben sowie um eine Verschwendung von Versichertengeldern und eine Verunsicherung der Patienten. Leistungen zulasten der GKV müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Das gilt für uns, das muss auch für andere Berufsgruppen gelten“, forderte Henke.
Es sei ihm lieber, wenn die Apotheker für ihre Mehrleistungen bei der Beschaffung von Medikamenten mit Lieferengpässen ein höheres Honorar erhielten, als Pseudo-Vorsorgeuntersuchungen vornehmen zu müssen. „Mir wäre es auch lieber, wenn sich Herr Lauterbach ernsthaft um die Behebung der Lieferengpässe für Medikamente kümmern würde, als Placebo-Angebote für Apotheken zu ersinnen. Denn Medikamtenlieferengpässe fressen auf allen Ebenen Zeit und verunsichern die Patienten.“