Fehler in der Berufsausübung lassen sich in keinem Lebensbereich mit absoluter Sicherheit vermeiden. Eine transparente Fehlerkultur und die Frage der Patientensicherheit sind wichtige Bestandteile des professionellen ärztlichen Handelns. Keine Frage: Jeder Fehler ist ein Fehler zu viel, denn für den Betroffenen hat der eine Fehler mitunter schwerwiegende gesundheitliche Folgen.
Wie geht man mit Fehlern um? Unsägliche Kampagnen mit maßlos überschätzten Zahlen angeblich tödlicher Behandlungsfehler in Kliniken sind wenig hilfreich. Sie belegen vielmehr die Mentalität mancher Krankenkassenfunktionäre. Es gibt bessere Wege: Auf unser Betreiben hin haben die Ärztekammern in NRW das sektorübergreifende Critical Incident Reporting System (CIRS) entwickelt.
Damit haben wir eine Plattform zum interprofessionellen Erfahrungsaustausch geschaffen und eine neue Fehlerkultur in der Medizin etabliert. Unser CIRS-System erfüllt grundlegende Kriterien: Freiwilligkeit, Vertraulichkeit und Sanktionsfreiheit und das mit niederschwelligem Zugang.
Wir können stolz sein, dass wir uns mit dem CIRS-System von der personenbezogenen Sichtweise auf Fehler entfernen. Es geht nicht um die Frage „Wer war schuld?“, sondern vielmehr „Was war schuld?“. Einrichtungsintern und -übergreifend können Verbesserungen angestoßen werden. Eine Pranger-Situation darf nicht entstehen. Wir wollen aus Fehlern lernen!
Ärzte streben seit jeher danach, Patientenversorgung auf hohem Niveau anzubieten. Der Weg führt über einen gewissenhaften Umgang mit kritischen Ereignissen und Fehlern. Eine konstruktive Beteiligung an der Sicherheitskultur erfordert die Freiheit, offen über Fehler und Beinahe-Ereignisse sprechen zu können.
Die gewonnenen Erkenntnisse sollen für Verbesserungen und Fortbildungen genutzt werden. Auch das Thema Versorgungsqualität dürfen wir nicht den Ökonomen, Gesundheitswissenschaftlern, Versicherern oder Bürokraten überlassen: Ohne unseren ärztlichen Sachverstand geht es einfach nicht! Gerade die Versuche von Krankenkassen, mit skandalisierten Negativ-Botschaften das Vertrauen unserer Patienten in die ärztliche Versorgung zu erschüttern, verdeutlichen die Notwendigkeit unseres ärztlichen Sachverstandes in der Qualitätsdebatte.
Die nordrheinische Ärzteschaft hat deshalb vor 40 Jahren eigens eine Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler eingerichtet. Ihre Aufgabe ist die objektive sachverständige Begutachtung ärztlichen Handelns. In 2022 wurden bei insgesamt 1.088 Begutachtungsfällen in 299 gutachtlich geprüften Fällen Behandlungsfehler festgestellt. In neun von zehn Fällen werden die kostenfreien Entscheidungen der Schlichtungsstelle von beiden Parteien akzeptiert und unnötige gerichtliche Verfahren vermieden.
Unsere Ärztekammer Nordrhein trägt aktiv zur Patientensicherheit bei. Fehlerhäufigkeiten zu erkennen und Fehlerursachen auszuwerten, bringt wichtige Erkenntnisse für Fortbildung und Qualitätssicherung. Es ist unverzichtbar, dass wir als Marburger Bund bei dem Umgang mit Fehlern und der Sicherung der Qualität gestaltend vertreten sind. Nur mit Ihrer Stimme für den Marburger Bund können wir künftig offen mit Fehlern umgehen und die Patientensicherheit erhöhen.
Zum Autor:
Dr. med. Wolfgang Klingler
Selbstständiger Gutachter, Innere Medizin, Sozialmedizin, Rehabilitationswesen, Sozialmedizinischer Dienst der Knappschaft-BahnSee/Moers.