Das Urteil enthielt für uns aber auch die wichtige Botschaft, dass wir für unsere Interessen streiken dürfen. Damit ist weiterhin alles möglich, wenn wir uns gemeinsam engagieren. Mittlerweile haben wir einen im Urteil verankerten Weg gefunden, der uns davor schützt, dass unsere Tarifverträge für Ärzte verdrängt werden können. Gut sechs Monate nach der höchstrichterlichen Entscheidung haben wir mit den BG-Kliniken einen neuen Tarifabschluss für Ärztinnen und Ärzte erzielt. Gemeinsam mit ver.di und den Arbeitgebern haben wir vereinbart, gegenseitig die Tarifverträge nicht zu verdrängen. So ist der Betriebsfrieden gesichert, zunächst aber nur bei den BG-Kliniken.
Zum Ende 2018 stehen die großen Tarifrunden an, verhandelt werden muss mit der TDL über unseren Tarifvertrag für Ärzte an den Unikliniken und mit der VKA über den TV Ärzte für die kommunalen Kliniken. Über 70.000 Ärztinnen und Ärzte sind betroffen. Noch haben die beiden Arbeitgeberverbände sich nicht entschieden, ob sie unserer Vereinbarung mit ver.di beitreten und so den Betriebsfrieden sichern wollen. Sollten sie es nicht wollen, drohen Streiks, denn wir werden nicht darauf verzichten, unsere Tarifverträge für Ärzte weiter zu entwickeln.
Uns allen ist klar, es wird in den nächsten Jahren nicht allein um die Erhöhung der Gehälter gehen. Wir wollen die Verbesserung der ärztlichen Arbeitsbedingungen und den Abbau bürokratischer Aufgaben in den Fokus rücken. Dauernde Überlastung gefährdet die Gesundheit der Ärztinnen und Ärzte. Wir wollen, dass wir uns wieder stärker auf unsere ureigenen ärztlichen Aufgaben konzentrieren können. Wir wollen auch, dass Kollegen im ÖGD endlich fair nach unserem TV-Ärzte bezahlt werden. Allmählich scheinen hier die Arbeitgeber zu akzeptieren, dass der Ärztemangel im ÖGD nur mit dem Mindeststandard unserer Tarifverträge für Ärzte bekämpft werden kann.
Die Beseitigung des Ärztemangels erfordert jedoch Geduld. Wir können nicht noch mehr Ärzte aus dem Ausland abziehen. Der Nachwuchsmangel ist nur durch den Ausbau der Studienplatzzahlen zu beseitigen. Die Landesregierung in NRW hat unsere Botschaft verstanden und erhöht sie; ein gutes Signal, aber frühestens 2030 werden uns zusätzliche Fachärzte zur Verfügung stehen, leider werden auch die noch lange nicht ausreichen, um den tatsächlichen Bedarf an Ärzten zu decken.
Wir hoffen, dass NRW jetzt Druck auf die übrigen Bundesländer ausübt, auch auf Rheinland-Pfalz. Vor der Wiedervereinigung hatten wir bundesweit Tausende Studienplätze für Humanmedizin mehr, die uns seit Jahren nun so dringend fehlen.
2018 wird uns aber vor allem ein Thema beschäftigen. Wie viele Kliniken werden überleben? NRW verbessert zwar die Klinikförderung, erfüllt aber die Investitionspflicht des Landes – wie die anderen Bundesländer – noch längst nicht vollständig. 2018 sollen die Kriterien eines unumkehrbaren Strukturwandels für NRW definiert werden, kündigte Minister Laumann an. Wir werden sorgsam darauf achten, dass die Strukturdebatte nicht dazu führt, dass die wohnortnahe Patientenversorgung stirbt. Sie ist alternativlos, denn der Ärztemangel trifft zuerst die Krankenhäuser. Und die Kliniken müssen trotzdem die Versorgung aufrechterhalten, auch in ländlichen Regionen, wo niedergelassene Praxen schon lange nicht mehr besetzt werden können. Der Zwang einer Landarztquote wird diese Situation in beiden Sektoren nicht verbessern.
Wie Sie sehen, uns werden die Aufgaben im neuen Jahr nicht ausgehen. Die gute Nachricht: Wir haben die Chance, unsere Interessen zu artikulieren und durchzusetzen, vorausgesetzt wir engagieren uns weiter gemeinsam. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie besinnliche Weihnachten und uns allen ein erfolgreiches neues Jahr!