• Patienten brauchen Ärztinnen und Ärzte, keine Ökonomen!

    Vertrauen zwischen Arzt und Patient wird nachhaltig gestört
    25.Juli 2024
    Von Dr. med. Andreas Weber und Dr. med. Bernd Hanswille
    Wir haben uns für den Arztberuf entschieden, um dem Wohl der Patienten zu dienen. Wir richten unsere fachlichen Entscheidungen an den Bedürfnissen der Patienten aus. Mit Einführung der Abrechnung nach Fallpauschalen vor 20 Jahren, dem Ausbleiben einer auskömmlichen Investitionskostenfinanzierung der Länder sowie zunehmenden finanziellen Sanktionen (MD Fall-Prüfungen, G-BA-Richtlinien- und Strukturprüfungen) lastet ein erheblicher Kostendruck auf allen Ebenen im Krankenhaus.
    Ärztliche Entscheidungen dürfen nicht allein den Regeln der Marktwirtschaft unterliegen, fordern Dr. med. Andreas Weber und Dr. med. Bernd Hanswille.
    Ärztliche Entscheidungen dürfen nicht allein den Regeln der Marktwirtschaft unterliegen, fordern Dr. med. Andreas Weber und Dr. med. Bernd Hanswille.

    Mit Einführung der Abrechnung nach Fallpauschalen ist ein Anreiz zur Gewinnoptimierung gesetzt worden. Angesichts der Inflation, Energiekostensteigerungen und Tariferhöhungen treten massive Einsparmaßnahmen in den Vordergrund, um das wirtschaftliche Überleben der Krankenhäuser zu sichern.

    Ärztliche Entscheidungen dürfen nicht allein den Regeln der Marktwirtschaft unterliegen

    Der Beruf des Arztes zeichnet durch hohe Professionalität aus. Deshalb wollen und dürfen wir unsere ärztlichen Entscheidungen nicht den Regeln der Marktwirtschaft unterwerfen.

    Unter rein betriebswirtschaftliche Gesichtspunkten ist eine vertretbare Patientenversorgung nicht möglich. Kommerzielle Zielvorgaben stehen nicht an erster Stelle. Die wichtigste Aufgabe eines Krankenhauses ist medizinische und pflegerische Patientenversorgung. Diese Klarheit hat unserer ärztlichen Tätigkeit immer die nötige Orientierung gegeben. Sie dient unserem Auftrag zum Schutz unserer Patienten.

    Politiker haben erhebliche Fehlentscheidungen getroffen

    Was hat aber die Politik in den letzten 20 Jahren mit den Versprechungen gegenüber den Patienten gemacht? Die politisch Verantwortlichen haben vielfach Fehlentscheidungen für unser Gesundheitssystem getroffen. Statt einer strukturierten Krankenhausplanung haben sie akzeptiert, wenn Kliniken finanziell unter Druck stehen und Insolvenzen die Kliniklandschaft bereinigen. Um Bedarf oder Qualität geht es dabei nur im Nebensatz.

    Zusätzlich haben die gesundheitspolitischen Entscheider ein Solidarsystem, das der Daseinsvorsorge dient, in ein Gesundheitswesen transformiert, das vorrangig betriebswirtschaftliche Ergebnisse erzielen muss. Von uns Ärztinnen und Ärzten wird dabei verlangt, diese politischen Vorgaben im Alltag durchzusetzen.

    Vertrauen zwischen Arzt und Patient wird nachhaltig gestört

    Durch die starke Ausrichtung des Gesundheitswesens auf betriebswirtschaftliche Ergebnisse vergessen die politischen Entscheidungsvertreter unser Versprechen an die Patienten, dass ihre Behandlung durch uns Ärzte und Ärztinnen nur ihrem Wohlergehen dient. Wir erleben zunehmend, dass unsere Patienten dieses auch spüren.

    Systemversagen gefährdet die Patientenversorgung

    Zwangsläufig wird daher das Vertrauen zwischen Arzt und Patient nachhaltig belastet. Dieses Vertrauen ist jedoch die Basis jedes Verhältnisses zwischen Ärzten und Patienten. Es ist die eigentliche Voraussetzung für einen gelingenden Heilungsprozess.

    Laut Umfrage der KKH Krankenkasse fürchtet sich aber bereits jeder vierte Patient vor einer Behandlung im Krankenhaus, aber nicht wegen der Ärztinnen und Ärzte und bzw. den Kolleginnen und Kollegen der Pflege.

    Ökonomische Leitlinien greifen die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidung massiv an. Unsere Handlungsmaxime wird fachfremden Interessen unterworfen, das zerstört unausweichlich das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten.

    Durch dieses Systemversagen ist die Patientenversorgung gefährdet: Personalflucht und hoher Krankenstand beim medizinischen Personal sind maßgeblich für den Personalmangel verantwortlich. Fehlende Zeit für die Patienten führt zu einer deutlich reduzierten medizinischen und pflegerischen Versorgung. Andererseits darf auch die Überversorgung bei lukrativen Fallpauschalen nicht unerwähnt bleiben.

    Nicht zuletzt sei an die ausufernde Kontrollbürokratie erinnert, die viele Stunden ärztlicher Arbeitszeit pro Tag bindet und der Patientenversorgung entzogen wird. Diese Misstrauenskultur muss beendet werden.

    Wir müssen uns rückbesinnen auf ein Gesundheitssystem, das als Solidargemeinschaft konzipiert wurde und als Daseinsvorsorge finanziert und organisiert ist. Als Marburger Bund fordern wir, dass das Sozialstaatsprinzip wieder die Grundlage in der Gesellschaft sein sollte.

    Politiker müssen akzeptieren, dass wir Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus unserem Berufsethos nur gerecht werden können, wenn das Wohl unserer Patienten oberstes Gebot bleibt. Dafür setzen sich die gewählten Delegierten des Marburger Bundes in der Ärztekammer Westfalen-Lippe ein.

    Gerade dazu benötigen wir Ihre Stimmen bei der Kammerwahl für die Liste „Marburger Bund – Krankenhaus und mehr“.

    Zu den Autoren:

    Dr. med. Andreas Weber
    Facharzt für Radiologe
    Vorsitzender des Aufsichtsausschusses
    der Ärzteversorgung in der Ärztekammer Westfalen-Lippe

    Dr. med. Bernd Hanswille
    Facharzt für Frauenheilkunde
    Klinikum Dortmund gGmbH
    Frauenklinik