Bevor das Parlament über die Hilfe zur Selbsttötung entscheidet, sollte zudem aus Sicht der Ärztekammer Nordrhein zunächst einmal die Suizidprävention ausgebaut werden. Suizidgedanken, betonte Rudolf Henke weiter, hätten eine Vielzahl individueller und gesellschaftlicher Ursachen. Eine wesentliche Rolle spielten dabei psychische Störungen und Krisen.
Der Wunsch, sich das Leben zu nehmen, verändere sich mit den Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Deshalb gelte es zu verhindern, dass in Zukunft Unterstützung beim Suizid leichter zugänglich sei als Angebote der Suizidprävention.
Zwei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe zur Suizidhilfe stehen am Donnerstag (6. Juli 2023) zur Abstimmung im Deutschen Bundestag. Eine Gruppe von Abgeordneten um Lars Castellucci (SPD) will die sogenannte geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung zum Beispiel durch Sterbehilfevereine grundsätzlich unter Strafe stellen.
Um das Recht auf selbstbestimmtes Sterben zu gewährleisten, wie es das Bundesverfassungsgericht fordert, soll es aber Ausnahmen geben. Menschen, die freiverantwortlich und frei von sozialem Druck aus dem Leben scheiden wollen, sollen Zugang zu einem tödlich wirkenden Medikament erhalten, wenn sie sich zuvor zweimal von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie haben untersuchen lassen und sich darüber hinaus einer ergebnisoffenen Beratung bei einem weiteren Arzt oder einer Beratungsstelle unterzogen haben.
Ein zweiter Gesetzentwurf um die Abgeordneten Renate Künast (Grüne) und Katrin Helling-Plahr (FDP), der erst vor Kurzem aus zwei getrennten Entwürfen zusammengeführt wurde, vertritt einen liberaleren Ansatz. Er will das Recht auf einen selbstbestimmten Tod sichern und klarstellen, dass Hilfe zur Selbsttötung straffrei und erlaubt ist sowie sichere Zugangsmöglichkeiten zu tödlichen Medikamenten schaffen.
Der Gesetzentwurf differenziert dabei zwischen dem Suizidwunsch sterbenskranker Patientinnen und Patienten und dem von Menschen, die aus anderen Gründen nicht mehr leben wollen. Um dem staatlichen Schutzauftrag gerecht zu werden, sieht der Entwurf eine Beratungspflicht durch eigens zu schaffende Beratungsstellen oder Ärztinnen und Ärzte vor.