Skeptisch stimmt, dass an dem Gutachten federführend Prof. Reinhard Busse von der TU Berlin beteiligt ist. Erinnert sei an seine Worte im SPIEGEL PLUS vom 29. Mai 2019: „Bundesweit gibt es rund 1.400 Akutkrankenhäuser, davon fast zwei Drittel mit weniger als 300 Betten. Damit sind sie zu klein, um medizinisch und wirtschaftlich optimal zu arbeiten. Hielten wir pro Einwohner so viele Kliniken wie Dänemark vor, wären es 330, also mindestens 1.000 weniger als heute.“
Übertragen auf NRW, hieße das: Von den 280 Akutkrankenhäusern müssten grob geschätzt über 210 Kliniken schließen. Dieser Vergleich wird auch nicht richtiger, wenn er häufig wiederholt wird. Das eigentliche Problem hierzulande sind die fehlenden Investitionsmittel. Da stimmen wir mit Prof. Busse überein: „Deutschland hat 14-mal so viele Einwohner wie Dänemark. Übertragen auf unsere Verhältnisse müsste der Topf für Kompensationsmaßnahmen und Neubauten mit 70 Milliarden Euro gefüllt sein.“ Dies ist richtig.
Allein für NRW wären dies mindestens 15 Milliarden Euro. Wir müssen aber seit Jahren eine chronische Unterfinanzierung beklagen. Populistische Vergleiche – die diese Tatsache nicht beachten – helfen nicht. Sie sollten uns wachsam sein lassen.
Unsere Landesregierung hat die Investitionen in Kliniken erhöht, wenngleich die schwarz-gelbe Koalition noch immer keine ausreichende Förderung zahlt. Fakt ist: Unsere Kliniken erhalten nur die Hälfte dessen, was jährlich tatsächlich benötigt wird. Woher sollten 15 Milliarden in den nächsten Jahren kommen? Soll ein Kahlschlag Versorgungsnöte oder pekuniäre Probleme lösen?
Ein einfach weiter so, kann es natürlich nicht geben. Die Versorgung ist in vielen Bereichen menschenunwürdig geworden. Aber ein solcher Kahlschlag wäre nicht zu verantworten und würde nur mehr Probleme schaffen. In vielen ländlichen Bereichen stellen angesichts nicht besetzbarer Praxen nur noch kleine Kliniken die medizinische Versorgung sicher. Ökonomen und Wissenschaftler mögen mit Zahlen spekulieren, die unlauter sind. Wir nicht. Uns geht es um eine qualitativ gute Versorgung, egal ob in ländlichen oder städtischen Regionen. Da sind wir an der Seite der Landespolitik und unseres Gesundheitsministers.
Unsere Ärztekammern sind dabei für die Politik unverzichtbare sachkundige Berater. Gerade die zunehmend schwieriger werdenden Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens erfordern eine kluge und weitsichtige ärztliche Vertretung. Die Reform der Krankenhausplanung fordert besonders die Mehrheit der angestellten Kammermitglieder heraus: Als Marburger Bund benötigen wir ein wirklich starkes Plebiszit, damit wir uns für einen vernünftigen, besseren Krankenhausplan einsetzen können, denn die Erfahrung lehrt uns, niemand sonst wird dies für Klinikärzte und unsere Patienten tun.
Es wird in diesem Prozess entscheidend vom Einfluss der gewählten Marburger Bund-Delegierten in der Ärztekammer abhängen, ob ökonomische Zwänge die medizinisch hochwertige und menschliche Patientenversorgung immer stärker in den Hintergrund drängt.
Die Krankenhauskommission unserer Ärztekammer bringt differenzierte Kenntnisse über medizinische Sachverhalte in die Diskussionen mit dem Gesundheitsministerium ein: Bedarfsplanung, strukturelle Entscheidungen im stationären Bereich und in der Notfallversorgung. Auch Themen wie Investitionsfinanzierung, Einzelförderung, Zentren-Bildung müssen mit entsprechender Sachkenntnis beeinflusst worden.
Das geht zukünftig nur, wenn wir als Marburger Bund weiter aktiv berufspolitischen Einfluss nehmen und die Interessen angestellter und beamteter Ärztinnen und Ärzte vertreten können! Wir müssen dafür unser eigenes Engagement verstärken, nur so können wir verhindern, das andere alleine über unseren ärztlichen Alltag entscheiden. Ich wünsche mir, dass dies die klare Mehrheit der angestellten Kammermitglieder sowohl bei der am Freitag endenden Kammerwahl in Nordrhein, als auch bei der in gut drei Monaten in Westfalen-Lippe anstehenden Kammerwahl bedenken wird. Bitte helfen Sie uns dabei.