"Jede und jeder von uns bewertet die Pandemie auch vor dem Hintergrund ihrer oder seiner persönlichen und beruflichen Erfahrungen, und diese sind eben sehr unterschiedlich. Machen wir uns diese Tatsache immer wieder bewusst. Denn diese Unterschiedlichkeit der Wahrnehmung kann zum Problem werden: einerseits können wir die Pandemie nur gemeinsam bekämpfen, und andererseits erleben wir, wie sie Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft und auch, und ich hoffe, dass das nur vorübergehend ist, in der Ärzteschaft begünstigt, sagte Henke.
"Nach einer internationalen Metastudie zur Infektionssterblichkeit scheint das Alter für die COVID-19 Sterblichkeit der entscheidende Faktor – ganz unabhängig vom nationalen Kontext – zu sein. In der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen liegt die Sterblichkeit in dieser Studie bei 2,2 Prozent und damit 30-mal höher als bei der Grippe. In der Altersstufe der über 85-Jährigen stirbt fast jeder Dritte an COVID-19, wenn er eine Infektion mit SARSCOV-2 erleidet. Aus anderen Studien wissen wir, dass Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, COPD, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Menschen mit Behinderung mit schwereren Krankheitsverläufen rechnen müssen als Gesunde. Aus diesem Grund geht es bei allen Strategiediskussionen im Kern auch immer um die Frage unserer gesellschaftlichen Werte und deren Verbindlichkeit. Es geht um die Frage, wie wichtig uns verletzliche Bevölkerungsgruppen sind."
"Bei allen Entscheidungen müssen wir stets auf ’s Neue die Balance zwischen den sozialen, ethischen, medizinischen, wirtschaftlichen und politischen Erfordernissen bei der Pandemiebekämpfung im demokratischen Prozess aushandeln. Und um diesen Prozess werden wir auch zukünftig nicht herumkommen, denn einen Königsweg oder die „eine große richtige Strategie“ bei der Pandemiebekämpfung haben wir alle nicht. Zurzeit hilft vor allem die Verbreitung der Erkenntnis, dass das Verhalten jedes Einzelnen den Unterschied macht."
"Die sogenannten AHA-L-A-Regeln – (Abstand, Hygiene, Alltagsmasken, Lüften, Warn-App) – sind derzeit unsere zentralen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Lassen Sie uns dies auch weiterhin gemeinsam kommunizieren und der Bevölkerung ein Signal der Zuversicht und des Vertrauens geben."
"Mir persönlich fehlt in diesem Kontext jedes Verständnis dafür, dass Kolleginnen und Kollegen, die diese zentralen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung in der Öffentlichkeit kommunizieren, zum Teil Hassmails oder sogar Androhungen von Gewalt erhalten. Jede Bürgerin, jeder Bürger mag bei der ein oder anderen Maßnahme zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen. Es geht aber gar nicht, Andersdenkende durch Diffamierungen im Netz oder Hassmails zum Schweigen zu bringen."