Einerseits gebe es im Vergleich zu Deutschland in Belgien oder den Niederlanden in der hausärztlichen Versorgung ein deutlich eingeschränktes Spektrum bei technischen diagnostischen Verfahren wie Ultraschall oder EKG, andererseits betreuten Hausärzte dort auch Säuglinge und insbesondere Schwangerschaften – aber auf einem niedrigeren Niveau als dies in Deutschland bei der fachärztlichen Betreuung durch Kinderärztinnen und Kinderärzte bzw. Frauenärztinnen und Frauenärzte Standard sei, gibt Gehle Bespiele. Diese Unterschiede rechtfertigten entsprechende Weiterbildungszeiten in Deutschland.
Der ÄKWL-Vorstand spricht sich deshalb vehement gegen eine wie vom GKV-Spitzenverband geforderte Steuerung der ärztlichen Weiterbildung aus. Dies führe letztlich zu einer „planwirtschaftlichen Patientenversorgung, die nicht funktioniert“. Denn die in den Vergleichsländern „angeblich bedarfsorientierte Steuerung“ der Weiterbildung sei begrenzt und führe deshalb seit Jahrzehnten dazu, dass Mediziner ihre Weiterbildung nicht im eigenen Land, sondern in Deutschland absolvierten, sagte Gehle.
Die ärztliche Aus- und Weiterbildung könne und dürfe nicht gesteuert werden, sondern müsse vielmehr nach Eignung und Neigung des medizinischen Nachwuchses erfolgen. Das Gutachten suggeriere, es liege an der derzeitigen Struktur der ärztlichen Weiterbildung, dass in der allgemeinmedizinischen Versorgung zu wenige junge Mediziner tätig würden. „Das ist eindeutig falsch. Es liegt vielmehr an zu geringen Eingangszahlen. Wir müssen die Zahl der Studienplätze für Medizin erheblich steigern."
Der ÄKWL-Vorstand warnt vor langfristigen Bestrebungen, das gesamte ärztliche Aus- und Weiterbildungssystem neu zu regulieren, denn dieses „gesteuerte Modell Allgemeinmedizin“ wäre auch auf andere Fachgruppen übertragbar. Dies führe zu einem erheblichen Qualitätsverlust in der medizinischen Weiterbildung. „Planwirtschaftliche Steuerung kann nicht im Interesse der Patientenversorgung sein.“