Aktuell über 43.000 Bewerber für rund 9.000 Studienplätze bundesweit belegen, das beachtliche Interesse junger Menschen an dem Beruf des Arztes. „Es ist nicht akzeptabel, dass letztlich die Wahl der Schule, des Bundeslandes und zu guter Letzt die gymnasialen Endnoten im Wesentlichen darüber entscheiden, ob ein qualifizierter junger Mensch den Zugang zum begehrten Studienplatz Medizin erhält oder nicht.“
„Die derzeitigen Wartezeiten auf einen Studienplatz Humanmedizin von bis zu 15 Semestern halte ich nicht für verantwortbar“, unterstreicht Dr. Hans Gehle. „Angesichts zu knapper Kapazitäten drängen wir Tausende geeignete Menschen an teure ausländische Universitäten. Viele - die sich diesen Weg nicht leisten können - versuchen, Studienplätze hierzulande in jahrelangen Verfahren einzuklagen.“
„Es ist beschämend, dass wir als eines der wohlhabendsten Länder der Welt nicht genug investieren, um jungen, engagierten Menschen hierzulande die universitären Ausbildungsmöglichkeiten und damit eine berufliche Perspektive als Arzt zu schaffen“, kritisiert Dr. Hans Gehle.
„Es ist widersinnig, dass wir gleichzeitig immer mehr Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland abziehen, um unsere Versorgung noch sicherstellen zu können. Ohne die derzeit 18.000 Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland, die in NRW und RLP tätig sind, wäre unser Gesundheitswesen längst nicht mehr funktionsfähig. Wie sehr dieser Verlust an Ärzten die medizinische Versorgung in den Heimatländern verändert, können wir nur erahnen.“
„Wir sind seit langem der Auffassung, dass der Zugang zum Studium der Humanmedizin ganz neu geregelt werden muss. Ein System, das nur auf den Abiturnoten basiert, ist nicht mehr zeitgemäß. Andere Kriterien müssen im Auswahlverfahren stärker berücksichtig werden“, betont Dr. Hans Gehle. „Wir wissen aus unserem klinischen Alltag nur zu gut, wer Arzt werden will, braucht nicht nur das Abitur, sondern auch menschliche, sprich soziale Kompetenzen.
Sinnvoll wäre es, wenn etwa diejenigen Bewerber Studienplätze erhalten, die ein soziales Engagement haben oder sogar einschlägige Berufserfahrung besitzen. So ließe sich sicherstellen, dass nicht nur die Besten eines Abiturjahrgangs, sondern auch andere geeignete Bewerber mit einem Abitur einen Studienplatz finden. Damit nicht genug: Wir meinen, die Universitäten sollten bundeseinheitliche, transparente Auswahlverfahren durchführen.
Wie auch immer das Verfahren vor dem höchsten Gericht ausgehen mag, klar ist, auch mit einer grundlegenden Änderung des Zugangswegs zum Studienplatz Humanmedizin alleine ist das gravierende und sich verstärkende Problem des Ärztemangels nicht zu lösen. Die Bundesländer stehen vielmehr seit langem in der Pflicht: Nur mit dem überfälligen Ausbau der Studienplatzzahlen kann die medizinische Versorgung in Deutschland in der Zukunft noch sichergestellt werden.
Erinnern wir uns, alleine in NRW haben wir in den 80er Jahren an den Fakultäten über 1.200 Studienplätze für Humanmedizin mehr finanziert als heute. Das könnten wir uns heute zweifellos auch leisten. Eine verantwortungsbewusste Landesregierung muss es sich sogar leisten. Alle derzeitigen Versuche der Politik, stattdessen ärztliche Tätigkeiten in Zeiten des Ärztemangels durch kostengünstigere, nicht-ärztliche Berufe zu ersetzen, lehnen wir strikt als unverantwortlich ab, denn dies gefährdet unsere Patienten.“