• Marburger Bund begrüßt überfällige Sonderinvestition in NRW-Krankenhäuser

    Pressemitteilung
    Dr. med. Hans-Albert Gehle: Jahrzehntelang aufgebauter Investitionsstau längst nicht aufgelöst / DRG müssen abgeschafft werden / Neues Finanzierungssystem nötig
    24.August 2020
    Köln. Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz begrüßt, dass im Rahmen der Corona-Pandemie vom Bund und der Landesregierung NRW zusätzliche Milliardenbeträge in die Krankenhäuser investiert werden. NRW ist sicherlich dabei ein Vorbild für andere Bundesländer, denn hier wurden in den vergangenen Jahren die Klinik-Investitionen durch Minister Laumann (CDU) deutlich erhöht, zuletzt in der vorigen Woche eine zusätzliche Milliarde Euro für Kliniken und Pflegeschulen bereitgestellt. Eine weitere Milliarde erhalten zudem die Universitätskliniken in NRW. „Damit ist der über Jahrzehnte aufgelaufene Investitionsstau aber noch längst nicht aufgelöst“, mahnt der Vorsitzende des über 30.000 Mitglieder zählende MB-Landesverbandes, Dr. med. Hans-Albert Gehle.

    „Die Gesundheitspolitik in NRW steuert zwar endlich in die richtige Richtung, aber, nur wenn Sie die benötigen Investitionsmittel auch dauerhaft bereitstellt, wird die Landesregierung ihrer gesetzlichen Verantwortung gerecht. Unabdingbar für ein zeitgemäßes Finanzierungssystem der Krankenhäuser ist, dass die Bundesländer den Kliniken auch die benötigen Investitionsmittel vollumfänglich und dauerhaft zur Verfügung stellen müssen“, erinnert Dr. med. Hans-Albert Gehle weiter.

    Aus für DRG in Kinderkliniken? Einstieg in nötigen Systemwechsel!

    Kliniken stehen auf zwei Beinen: „Seit über fünf Jahren fordern wir als MB-Landesverband die Abschaffung des Finanzierungssystems, in dem Behandlungen in Krankenhäusern über rein leistungsorientierte Fallpauschalen (DRG) vergütet werden. Nun hat erstmals auch eine Partei unsere Forderung übernommen – für den medizinischen Bereich der Kinder- und Jugendmedizin sowie der Geburtsmedizin“, sagt Hans-Albert Gehle.

    „Das Präsidium der SPD verweist Ende Juli völlig zu Recht auf die besonders personalintensive und damit teure Versorgung von Kindern und die fehlende Kostendeckung. „Wir müssen in der Kinder- und Jugendmedizin weg von den Fallpauschalen!“, heißt es wörtlich.

    „Das ist richtig, reicht aber noch nicht! Die Mehrkosten in der Versorgung von Kindern werden bekanntlich durch das DRG-System – trotz zahlreicher Aktualisierungen – nicht ausreichend abgegolten. Gerade im ländlichen Raum fehlt dadurch bereits oftmals eine kindermedizinische hochwertige Versorgung, da sich die Kindermedizin wegen der oft geringen Fallzahlen aus Sicht der Kliniken schlicht „nicht rechnet“, erklärt Gehle.

    „Es ist keine Frage, die Situation bei den Kinderkliniken zeigt überdeutlich, wir müssen grundsätzlich in den Krankenhäusern wirklich weg von den Fallpauschalen – für die Kindermedizin, aber auch bei allen anderen.“

    Zunehmendes Profitstreben durch das DRG-System endlich beenden

    „Vor zwei Jahren haben wir im Rahmen unserer Hauptversammlung in Köln ein dreiseitiges Positionspapier vorgelegt, in dem wir ausdrücklich vor den negativen Auswirkungen der zunehmenden Ökonomisierung durch das DRG-System warnten und auf unsere gleichlautenden älteren Beschlüsse verwiesen. „Geburtshilfe und Kinderheilkunde sind nicht mehr kostendeckend zu leisten“, warnten wir schon seinerzeit.“

    „Wir sind heute unverändert der Überzeugung, dass das Krankenhausfinanzierungssystem durch ein neues Vergütungssystem ersetzt werden muss, das die Kosten der aus ärztlicher Sicht nötigen Versorgung der Patienten auch tatsächlich abdeckt.

    Behandlung der Patienten darf nicht mehr dem Erreichen einer Umsatzrendite dienen

    Die in der Politik im Rahmen der Qualitätsdebatte angekündigten neuen Mindestmengen halten wir als Lösungsansatz für untauglich. Hier werden nur erneut Anreize geschaffen, um ärztliche Leistungen so auszuweiten, dass die Existenz der Kliniken gesichert ist. Auch Personaluntergrenzen helfen nur, wenn Sie das zur Versorgung nötige Personal finanziert und uns an die Seite stellt.

    Wir meinen, die Behandlung unserer Patienten darf nicht mehr dem Erreichen einer Umsatzrendite dienen. Unser Gesundheitssystem muss vielmehr finanziell so ausgestattet sein, dass die Qualität der Versorgung der Patienten flächendeckend gesichert ist und die Gesundheit der Beschäftigten nicht mehr gefährdet wird.

    Gerade die Corona-Pandemie hat der Politik drastisch vor Augen geführt, wie lebenswichtig die Vorhaltung einer ausreichenden medizinischen Versorgungskapazität hierzulande ist. Klar wurde ebenso: Ein rein nach ökonomischen Kriterien aufgebautes Krankenhausfinanzierungsystem kann den tatsächlichen medizinischen Erfordernissen unserer Krankenversorgung und damit einer sinnvollen Krankenhausplanung nicht gerecht werden“, so Gehle.